Studie zur Wirtschaftskraft: Unterschätzte Unikliniken

Zu groß, zu teuer und ohne Bezug zum Patienten: Diesen Vorwürfen sehen sich Unikliniken immer wieder ausgesetzt. Eine Studie aus Dresden zeichnet allerdings ein ganz anderes Bild: Die Fakultäten sind sprudelnde Steuerquellen.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Große Anatomie in Dresden: Unikliniken kosten Geld - bringt aber mehr Steuern ein.

Große Anatomie in Dresden: Unikliniken kosten Geld - bringt aber mehr Steuern ein.

© Killig / momentphoto / imago

NEU-ISENBURG/DRESDEN. Die 16 Länderfinanzminister, die über ihre chronisch klammen Haushalte wachen, suchen naturgemäß nach Posten, bei denen Steuergelder eingespart werden können.

Um nicht dauerhaft auf der Streichliste zu stehen, hat der Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden ein Gutachten zur Wertschöpfung der Uniklinik für das Land Sachsen in Auftrag gegeben.

Denn das Uniklinikum musste, nach einem Haushaltsstopp im Jahr 2011, bereits mit einem Landeszuschuss von 5,2 Millionen Euro leben - 2010 waren es noch 17, 95 Millionen Euro.

Das Gutachten, erstellt durch die Forschungsgruppe Marktorientierte Unternehmensführung (FGMU) an der TU Dresden, kommt zu einem Schluss, der nicht verwunderlich ist: "Die Nettowertschöpfung der Medizinischen Fakultät übersteigt den Landes- und Investitionszuschuss deutlich."

Uniklinik ist ein Beschäftigungshebel

Interessant ist, wie sich die Zahlen im Einzelnen zusammensetzen, die die Forschungsgruppe für die Uniklinik Dresden herausgearbeitet hat: Auf die 3342 Arbeitsplätze, die am Uniklinikum im Jahr 2010 angesiedelt waren, kommen weitere 4181 Vollzeitstellen hinzu.

Dazu gehören 3064 Stellen, die in Bereichen der "indirekten Wertschöpfung" entstehen. Dazu gehören beispielsweise angegliederten Zentren, Reha-Einrichtungen oder Rettungsdienste.

889 weitere Arbeitsplätze sind aus der "peripheren Wertschöpfung" entstanden, beispielsweise bei Zulieferern, mit denen das Klinikum kooperiert.

228 Vollzeitstellen gibt es bei Tochtergesellschaften der Klinik. Damit zählt das Uniklinikum zu den größten Arbeitgebern und auch Ausbildern in Sachsen.

Die Auswirkungen auf die Arbeitsplatzsituation in ganz Deutschland beziffert das Gutachten gar mit 5621 Arbeitsstellen, die zusätzlich geschaffen wurden.

Die Hebelwirkung liegt pro Arbeitsplatz bei 1,3 für den Freistaat Sachsen, bei 1,7 für ganz Deutschland.

Rückfluss um 686 Prozent höher

Neben der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen interessieren sich Finanz- und Landespolitiker auch für die Verwendung des Steuerzuschusses, den die Unikliniken jährlich bekommen.

Dieser lag für die Uniklinik Dresden im Jahr 2010 bei 16,95 Millionen Euro. In diesem Zeitraum hat das Uniklinikum ein Steueraufkommen von 34,34 Millionen Euro erwirtschaftet, was einer Verdopplung der eingesetzten Landesmittel entspricht.

Für das Jahr 2011, in dem der Steuerzuschuss nur bei 5,2 Millionen Euro lag, wird sogar eine Versechsfachung der Landesmittel errechnet.

Zu diesen Steuereinnahmen kommen 2010 zusätzliche Einnahmen von 13 Millionen Euro, die an die sächsischen Gemeinden fließen.

Wird das Steueraufkommen, das insgesamt vom Uniklinikum generiert wird, berechnet, ergibt die Wertschöpfung des Klinikums und der kooperierenden Einrichtungen 116,34 Millionen Euro.

"Dies entspricht einem Rückfluss in Höhe von 686 Prozent der eingesetzten Landesmittel", so das Gutachten.

Die Autoren gehen davon aus, dass das tatsächlich bewirkte Steueraufkommen real noch höher ist, da beispielsweise die Ausgaben von Besucher des Klinikums nicht berücksichtig wurden.

Unikliniken wollen ihren "Wert" artikulieren

Insgesamt ergibt sich eine Wertschöpfung von 317,7 Millionen Euro, die in Sachsen durch das Uniklinikum entsteht. Darin sind 178,6 Millionen Euro aus der direkten Wertschöpfung der klinischen Leistungsbereiche enthalten.

"Wir müssen diese Zahlen den Finanzministern gegenüber viel deutlicher kommunizieren", erklärte Professor Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Uniklinikums Dresden, bei der Vorstellung des Gutachtens.

Diese Studie ist für die 36 Medizinischen Fakultäten in Deutschland ein Glücksfall - sehen sich doch alle immer wieder in einer Diskussion um die Höhe der künftigen Landeszuschüsse.

Ebenso kritisch beäugt werden die Leistungen die ein - in der Tat teures -  Uniklinikum für das Bundesland leistet.

Der Medizinische Fakultätentag in Göttingen erklärte dazu kürzlich: "Die Mittel der Länder für die Universitätsmedizin führen zu einem weiteren Wertzuwachs."

Sie hoffen, dass künftig die Leistungen, die von den Unikliniken erbracht werden, auch von den Landesministern stärker gewürdigt werden.

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