Heilmittel-Reform

Murren in der Koalition

Mit der Reform der Heil- und Hilfsmittelversorgung ist bisher keine Fraktion im Bundestag zufrieden.

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BERLIN. Kritik aus allen Fraktionen erntet der Regierungsentwurf für das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HVVG). Im Bundestag stand die erste Beratung am Donnerstagabend auf der Tagesordnung, so dass die Abgeordneten ihre Reden nur zu Protokoll gaben.

Die bundesweit 330.000 Heilmittelerbringer stünden unter "starkem finanziellen Druck", konstatierte Roy Kühne (CDU), Berichterstatter seiner Fraktion und selber Physiotherapeut. Bislang dürfen die Vergütungen der Therapeuten nicht stärker steigen, als es durch die jährliche Veränderungsrate der Grundlohnsumme vorgegeben ist. Der Gesetzentwurf will diesen Deckel lüften, aber nur für die Jahre 2017 bis 2019. Das sei zu wenig, kritisierte Kühne und verwies auf den Referentenentwurf des HVVG, der diese Vorgabe noch nicht enthielt. Therapeuten benötigen "dauerhaft die Möglichkeit, auch oberhalb der Veränderungsrate verhandeln zu können", forderte Kühne.

Martina Stamm-Fibich (SPD) zeigte sich "nicht vollständig glücklich" mit dem Gesetzentwurf. Sie vermisst etwa eine Regelung, die den Status externer Hilfsmittelberater der Kassen definiert. Diese Berater dürften nur im Sinne der Qualitätssicherung der Versorgung tätig werden, aber "unter keinen Umständen (...) dazu eingesetzt werden, auf Kosten der Versicherten zu sparen".

Als positiv bewertete Stamm-Fibich, dass Versicherte künftig zwischen mehreren aufzahlungsfreien Hilfsmitteln die Wahl erhalten sollen. Zustimmung findet bei ihr auch die Vorgabe, dass bei Ausschreibungen Qualitätsaspekte zu mindestens 40 Prozent in die Entscheidung über den Zuschlag eingehen müssen. "Wirtschaftlichkeit darf nicht der einzige Maßstab sein", forderte sie.

Das bezeichnete Birgit Wöllert von der Linksfraktion als eine "überfällige Erkenntnis". Dass Qualitätsaspekte mit mindestens 40 Prozent zu werten seien, werde "kaum überprüfbar sein und dürfte wenig spürbare Verbesserungen bringen", erwartete sie. Der Gesetzentwurf betreibe lediglich "Symptomkorrektur" und "traut sich nicht, die Kompetenzen von Heilberufen substanziell zu stärken".

Elisabeth Scharfenberg von den Grünen monierte, dass nur in Modellversuchen die Blankoverordnung erprobt werden soll. Dabei entscheiden Therapeuten nach der ärztlichen Diagnose über die geeignete Behandlungsmethode. Sie erinnerte Union und SPD an den Koalitionsvertrag. Dort seien 2013 Modellvorhaben für die Substitution ärztlicher Leistungen verabredet worden. Doch kein einziges Modell sei bisher umgesetzt worden, kritisierte Scharfenberg.BMG-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz hingegen lobte den Entwurf: Er entwickele die Qualität der Hilfsmittelversorgung weiter und werte den Stellenwert der Heilmittel im Versorgungssystem auf.

Die Anhörung des HVVG im Gesundheitsausschuss ist für den 30. November angesetzt, die zweite Beratung im Bundestag im Februar. (fst)

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