Kliniken in Not

Hilft Expansion in die ambulante Medizin?

Angesichts anhaltender Ertrags- und Ergebnisschwäche versuchen Krankenhäuser, die ambulante Medizin als neue Umsatzquelle zu erschließen, bevorzugt mit eigenen MVZ. Doch diese Strategie hat Grenzen.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Am Scheideweg: Um Innovationen voranzutreiben, fehlt vielen Kliniken das Geld.

Am Scheideweg: Um Innovationen voranzutreiben, fehlt vielen Kliniken das Geld.

© Calado / Fotolia

MÜNCHEN. Niedergelassene (Fach-) Ärzte müssen sich auf verschärfte Konkurrenz von Krankenhäusern einrichten. Das ist das Ergebnis der am Dienstag veröffentlichten Roland Berger-Krankenhausstudie 2017, in deren Rahmen zum dritten Mal die Vorstände oder Geschäftsführer der 500 größten deutschen Krankenhäuser befragt worden sind.

Danach betreiben 83 Prozent der Kliniken aktuell Projekte zur Ambulantisierung, das heißt zur Erweiterung ihres Marktes. Bevorzugte Strategie ist die Erweiterung des eigenen ambulanten Leistungsportfolios durch Gründung oder Ausbau klinikeigener MVZ.

An zweiter Stelle steht die Verlagerung stationärer Behandlungen in den eigenen ambulanten Bereich, beispielsweise durch ambulantes Operieren am Krankenhaus. Erst an dritter Stelle folgt die Kooperation mit niedergelassenen Spezialisten.

Mehrere Hürden

Diese Strategie ist aber nicht ohne Konflikte und Herausforderungen: Dem möglichen Zuweisungseffekt aus der eigenen ambulanten Infrastruktur stehen denkbare Konflikte mit ambulanten Zuweisern entgegen, die das Klinik-MVZ als unliebsame Konkurrenz verstehen können.

Eine weitere Hürde wird im Mangel an ärztlichem Personal gesehen. Schließlich bleibt das Risiko, ob das MVZ betriebswirtschaftlich rentabel wird.

Die durchaus riskante Strategie der Expansion in die ambulante Medizin ist aus der Not geboren: Händeringend suchen Kliniken nach neuen Erlösquellen und vertrauen nicht mehr allein darauf, sie aus der rein stationären Versorgung erschließen zu können.

Trotz steigender Erlöse geraten immer mehr Kliniken in die Verlustzone: Der Anteil der defizitären Häuser ist von 20 Prozent im Jahr 2015 auf 27 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen, für 2017 erwartet ein Drittel der Klinikchefs Verluste. Weniger als die Hälfte rechnen für das laufende Jahr mit einem Gewinn.

Kosten- und Effizienzdruck lassen sich dabei nicht mehr durch einfache Einsparungen bewältigen, vor allem nicht beim Personal, denn der Wettbewerb um Fachkräfte steigt.

Mehr als jede zweite Klinik kann nicht genug investieren

57 Prozent der Klinikchefs berichten, dass sie nicht ausreichend investieren können; in der 2016er Befragung waren es noch 40 Prozent. Hauptursache – genannt von 90 Prozent – ist der Mangel an Fördermitteln der Länder.

Insofern hat das Krankenhausstrukturgesetz nur minimale Linderung bei der Investitionsnot geschaffen. 53 Prozent der Klinikchefs nennen unzureichende Einnahmen aus laufendem Betrieb als weitere Ursache für fehlende Investitionsfähigkeit.

Die Digitalisierung des Krankenhausbetriebs schreitet offenbar nur mühsam voran. 91 Prozent der Kliniken geben weniger als zwei Prozent ihres Umsatzes für Informationstechnologie aus, 41 Prozent sogar weniger als ein Prozent. Aber immerhin 89 Prozent behaupten von sich, eine Digitalstrategie zu haben.

Das erscheint auch nötig zur eigenen Sicherheit: Denn zwei Drittel der Kliniken waren schon einmal Opfer eines Hacker-Angriffs. Zur Gegenwehr wurde fast überall die Firewall-Absicherung verschärft. Etwa drei Viertel reagierte mit Notfallplänen und Mitarbeiterschulungen. Nur 31 Prozent haben das IT-Personal aufgestockt.

94 %

der Klinikchefs wollen die Erlös- situation verbessern, auch durch mehr ambulante Medizin. Einsparungen beim Personal (29 Prozent) sind von abnehmender Priorität.

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