Kosten-Nutzen-Studien sollen keine abstrakten Zahlenspiele sein

Bei der Kosten-Nutzen- Bewertung von Arzneimitteln wird der Gemeinsame Bundesausschuss nicht alleine auf Basis des umstrittenen IQWiG- Instruments der Effizienzkurve entscheiden.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Für die Kosten-Nutzen-Bewertung gelten außer den gesetzlichen Bestimmungen nun auch untergesetzliche Vorschriften durch den GBA. ©imago/Koch

Für die Kosten-Nutzen-Bewertung gelten außer den gesetzlichen Bestimmungen nun auch untergesetzliche Vorschriften durch den GBA. ©imago/Koch

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WIESBADEN. Wenn das Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen (IQWiG) frühestens 2011 seine erste Kosten-Nutzen-Bewertung vorlegt, wird der GBA diese Expertise hinsichtlich "der Bedeutung für die Versorgung der Versicherten" gewichten. Das hat Thomas Müller, Geschäftsführer des Unterausschusses Arzneimittel im GBA, bei der Handelsblatt-Tagung "Pharma 2010" in Wiesbaden deutlich gemacht.

Die Ergebnisse der umstrittenen Effizienzkurve werden nicht allein für den Ausschuss maßgeblich sein für die Bewertung eines Arzneimittels, machte er deutlich. Das Konzept der Effizienzkurve ist 1959 ursprünglich für die Optimierung von Aktien-Portfolios entwickelt worden. Bei der Adaption durch das IQWiG sollen Kassen Hinweise für einen Höchstbetrag gegeben werden, den sie für ein neues Arzneimittel festsetzen können. Dafür wird auf der Y-Achse der Kurve der Nutzen bereits etablierter Verfahren abgebildet. Auf der X-Achse werden als relevant erachtete Kosten abgetragen. Aus dem Schnittpunkt ermittelt sich dann die Effizienzgrenze.

"Wir haben vier wichtige Kriterien", sagte Müller, die bei der Abwägung der Relation zwischen Zusatzkosten und Zusatznutzen "insbesondere" zu berücksichtigen seien:

  • Das sei - erstens - die Art und das Ausmaß des Zusatznutzens.
  • Zweitens werde das Kosten-Nutzen-Verhältnis bewertet - im engeren Sinne die Ergebnisse der Effizienzkurven-Analyse.
  • Drittens soll die Versorgungssituation der Patienten mit der jeweiligen Indikation berücksichtigt werden.
  • Schließlich wird der GBA - viertens - die finanziellen Auswirkungen der Erstattung auf die Versichertengemeinschaft prüfen.

Eindeutig positionierte sich Müller bei der Frage, ob Patienten in der GKV Arzneimittel ab einer bestimmten Kostenhöhe vorenthalten werden könnten. "Es gibt keine gesetzliche Grundlage für Rationierung", stellte der GBA-Vertreter fest. Damit wandte er sich nachdrücklich gegen das Konzept der QALYs (qualitätsadjustierte Lebensjahre) als Grundlage für die Erstattung oder Nicht-Erstattung eines Präparats durch die GKV.

Einen QALY-Schwellenwert, der beispielsweise in Großbritannien bei 25 000 bis 30 000 Pfund pro QALY liegt, sei in Deutschland "abwegig". Es gebe keinen Sektor in der GKV, bei dem die Vergütung auf Basis von QALYs angelegt sei, erinnerte Müller.

Der GBA-Vertreter berichtete, dass inzwischen die Verfahrensordnung des Ausschusses zur Umsetzung von Kosten-Nutzen-Bewertungen vom Bundesgesundheitsministerium ohne Beanstandung geprüft und damit in Kraft getreten sei. Im Dezember sind die ersten Prüfaufträge erteilt worden. Einmal für Clopidogrel (akutes Koronarsyndrom, pAVK), zum anderen für Venlafaxin, Bupropion, Mirtazapin und Duloxetin für Patienten mit Depressionen.

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