Pharmabranche will Direktverträge statt Regulierung

Verträge zwischen Herstellern und Kassen sollen nach Ansicht der forschenden PharmaUnternehmen das Reformmodell der Zukunft sein. 20 Jahre Regulierung seien genug.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Die Versorgung mit innovativen Arzneimitteln soll auch künftig für jedermann möglich sein - die Umsetzung ist derzeit noch unklar. © Wodicka / fotolia

Die Versorgung mit innovativen Arzneimitteln soll auch künftig für jedermann möglich sein - die Umsetzung ist derzeit noch unklar. © Wodicka / fotolia

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BERLIN. Nirgendwo könne man so viel Geld versenken, wie in einem planwirtschaftlichen Gesundheitssystem. "Wenn die Politik endlich die Finger von diesem Unsinn lässt, können wir uns auch künftig Innovationen leisten", sagte die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes forschender Pharma-Unternehmen (vfa), Cornelia Yzer, in Berlin. Die Politik müsse sich entscheiden, ob sie dem Wettbewerb eine Chance gibt. "Für uns ist klar: Marktwirtschaft durch Planwirtschaft geht nicht", so Yzer. Der vfa reagiert damit auf das von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler angekündigte Preissystem für patentgeschützte Medikamente.

"Ich finde es richtig, sich mit der Zukunft des Gesundheitswesens zu befassen. Es wird auch künftig noch für jedermann eine qualitative Versorgung mit Arzneimitteln geben, wenn die Politik jetzt richtig handelt", betonte Yzer. Deutschland gehöre aber zurzeit in Sachen Innovationsfreude zu den europäischen Schlusslichtern. Nur sechs Prozent der Arzneimittelausgaben in der GKV entfielen 2007 auf Innovationen, die in den letzten fünf Jahren auf den Markt gekommen seien. Damit werde in Deutschland weniger Geld für neuartige Arzneimittel ausgegeben als in den meisten anderen europäischen Ländern.

Konkret setzt der vfa auf Mehrwertverträge. Diese werden allerdings in der Ärzteschaft sehr kritisch betrachtet. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) kam in ihrer Stellungnahme 2008 zu dem Fazit, dass dies keine geeignete Maßnahmen der Kostendämpfung sei. Die staatliche Festsetzung von Höchstpreisen auf der Basis ihres Nutzens ist nach Ansicht der AkdÄ besser geeignet als individuelle, zwischen pharmazeutischen Herstellern und einzelnen Krankenkassen oder Krankenhäusern geschlossene "Cost-Sharing-Initiativen" oder "Risk-Share-Verträge".

Nach Auffassung des vfa sollten die Hersteller aber diese zusätzliche Vertragsoption erhalten. Wenn es ihnen gelingt, binnen zwei Jahren mindestens 50 Prozent des Umsatzvolumens eines neuen Präparats in Einzelverträgen mit Krankenkassen zu bündeln, dann soll die Drohung eines Erstattungshöchstbetrags entfallen, schlug Yzer vor. Man sei überzeugt, auf diese Weise belegen zu können, dass Arznei-Innovationen ihr Geld wert seien.

Der vfa hat für die fünf häufigsten Volkskrankheiten nach einer eigeenen Studie Einsparpotenziale vonbis zu neun Milliarden Euro errechnet. Die Effizienz moderner Medikamente zeige sich dann, wenn Klinikaufenthalte vermieden, Arbeitsunfähigkeitstage reduziert und Folgeerkrankungen verhindert werden können, sagte Yzer.

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