Röslers Sparplan für Impfstoffe in der Kritik - die Kosten werden überschätzt

Die Preise, die tatsächlich für Impfstoffe bezahlt werden, sind oft niedriger als die offiziellen Apothekenverkaufspreise.

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Rösler will bei Impfstoffen sparen – die Hersteller reagieren mit Kritik.

Rösler will bei Impfstoffen sparen – die Hersteller reagieren mit Kritik.

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BERLIN (naf). Das Marktforschungsunternehmen IMS Health hat die Aussage von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) kritisiert, die Preise für Impfstoffe in Deutschland seien 30 Prozent höher als im europäischen Durchschnitt. Der Vergleich hinke, sagte Geschäftsführer Dr. Frank Wartenberg auf einer Podiumsdiskussion des Pharmakonzerns GlaxoSmithKline (GSK) in Berlin. "Wir haben in Deutschland 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Impfstoffe, in den meisten anderen europäischen Ländern gar keine."

Zudem sei für Impfstoffe nur der publizierte Apothekenpreis bekannt. "Die real bezahlten Preise sind erheblich niedriger", sagte Wartenberg. Rund 90 Prozent des Bedarfes deckten Ärzte direkt in der Sprechstunde; die Preise der dort verwendeten Großpackungen seien zwischen Kassen und Ärzten verhandelt.

Rösler hatte angekündigt, bei Impfstoffen 300 Millionen Euro in der GKV einzusparen. Davon wäre vor allem GSK betroffen, der seinen Kernstandort für Impfstoffe in Dresden unterhält. Das britische Unternehmen ist nach eigenen Angaben mit 38 Prozent Marktanteil der größte Serum- und Impfstoffhersteller in Deutschland, vor SanofiPasteurMSD mit 19 Prozent und Novartis Vaccines mit 17 Prozent.

Einsparungen bei Impfstoffen seien nicht sinnvoll, sagte Mitglied der Geschäftsführung von GSK, Bettina Brennecke. Insgesamt machten die Impfstoffe nur ein Prozent der Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen aus. Der Geschäftsführer von GSK Biologicals in Dresden, Dr. Peter Schu, warnte vor Engpässen. Gerade Impfstoffe erforderten enorme Investitionen in Anlagen und Forschung. Bei Produktionszeiten von bis zu 14 Monaten einzelner Chargen könne die Kapazität auch nicht kurzfristig erhöht werden.

Das Berliner IGES Institut bezeichnete die gängigen Modelle zur Kosten-Nutzen-Bewertung als unzureichend. Die Idee, den Zusatznutzen von neuen Arzneimitteln zu bewerten, gehe auf die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) zurück, sagte Institutsleiter Professor Bertram Häussler. "Bei Impfstoffen muss man sich stattdessen an der Frage orientieren, was wäre eigentlich, wenn man diese Impfung nicht hätte - was würde da an Schaden entstehen", forderte Häussler.

Kritik kam auch von der Union. "Ich bin kein Freund von Zwangsrabatten in diesem Zusammenhang", sagte der sächsische Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer. "Wenn wir wissen und beweisen können, dass durch Impfungen ein großer Schaden - auch ein volkswirtschaftlicher Schaden - verhindert werden kann, dann ist es kurzsichtig, hier zu sparen."

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