Apothekenpflichtige E-Zigaretten

Für die Bundesregierung ist die Sache klar: Elektonische Zigaretten mit Nikotin sind Arzneimittel. Erste Behörden haben bereits reagiert - in Nordrhein-Westfalen gab es die bislang größte Razzia in der Branche. Die Staatsanwälte ermitteln gegen 30 Firmen.

Veröffentlicht:
Elektro-Kippe: Bald nur noch aus der Apotheke?

Elektro-Kippe: Bald nur noch aus der Apotheke?

© dpa

BERLIN/FRANKFURT (nös). Elektronische Zigaretten erhitzen die Gemüter: Während die Hersteller weiter an den "Siegeszug" ihrer Produkte glauben, formiert sich in der Politik zunehmender Widerstand gegen die elektrischen Kippen.

Die Bundesregierung betrachtet die E-Zigaretten mittlerweile ganz offiziell als zulassungspflichtige Arzneimittel.

"Nach Auffassung der Bundesregierung unterfallen die für den Betrieb der E-Zigarette bestimmten Nikotin-Tanks oder -liquids aufgrund der pharmakologischen Wirkung des Stoffes Nikotin dem Arzneimittelgesetz", heißt es in einer Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage der Linkspartei.

Selbst das Gerät, in dem das Nikotin vernebelt wird, müsste als Medizinprodukt eingestuft werden, heißt es.

Hersteller und Händler würden somit gegen das Arzneimittelgesetz, Medizinproduktegesetz, Heilmittelwerbegesetz und Apothekengesetz verstoßen.

Diese Einschätzung teilen offenbar auch immer mehr Landesbehörden, die für die Überwachung von Arzneimittelzulassung zuständig sind.

Vergangene Woche kam es zu einer Razzia bei einem E-Zigaretten-Hersteller im nordrhein-westfälischen Schwelm. Berichten zufolge soll es die bislang größte Durchsuchungsaktion in der Branche gewesen sein.

Generelles Verbot kaum möglich

14.500 Liquidfläschchen hatten die Ermittler sichergestellt. Der Vorwurf: "Unerlaubtes Inverkehrbringen von Fertigarzneimitteln gemäß Arzneimittelgesetz".

Ihren Anfang nahmen die Ermittlungen gegen den Schwelmer Händler in Frankfurt am Main. Dort hatte der Zoll am Flughafen jüngst Liquid-Importe aus China beschlagnahmt.

Medienberichten zufolge ermittelt die Staatsanwaltschaft in Frankfurt noch in etlichen weiteren Fällen. Womöglich wird es noch zu weiteren ähnlichen Aktionen kommen, denn ein generelles Verbot der E-Zigaretten wird es kaum geben können, heißt es im Bundesgesundheitsministerium.

Der Ball liege nun bei den zuständigen Behörden in den Ländern. Letztlich muss in jedem einzelnen Fall entschieden werden, sagte ein Sprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Zudem kann das BfArM erst dann tätig werden, wenn ihm ein Antrag von den zuständigen Landesbehörden vorliegt. Bei ihrer Bewertung stützt sich die Bundesregierung auf eine Einzelfallentscheidung des BfArM vom Juli 2009.

Damals hatte die Bonner Behörde auf Antrag einer Landesbehörde eine nikotinhaltige E-Zigarette als zulassungspflichtiges Arzneimittel eingestuft.

"Obwohl sich die Entscheidung nur auf ein bestimmtes Produkt bezieht, sind diese Grundsätze auf vergleichbare Produkte übertragbar", so die Begründung.

Mehr zum Thema

Digitalisierung und Medikamente

Apotheker entwickelt eigene E-Rezept-App

Beratungsverfahren eingeleitet

G-BA: Zwei neue Datenerhebungen zu Orphans

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Antikörper macht‘s möglich

Zähne einfach nachwachsen lassen – wie beim Hai?

Digitalisierung und Medikamente

Apotheker entwickelt eigene E-Rezept-App

Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer