Doping: Heftiger Streit im Sportausschuss

Es soll eine Diskussion unter der Gürtellinie gewesen sein im Sportausschuss des Bundestages. Anlass dazu gab der Erfurter Sportarzt Andraes Franke. Er soll das Blut von 30 Sportlern einer UV-Bestrahlung unterzogen haben.

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BERLIN (dpa). Die Blutmanipulations-Affäre um den Erfurter Sportarzt Andreas Franke hat im Sportausschuss des Bundestages eine heftige Debatte ausgelöst - zum Teil unter der Gürtellinie.

"Ich bedauere es, dass Sachverständige da so diskreditiert werden, weil ihre Meinung einem Abgeordneten im Sportausschuss nicht gefällt", sagte SPD-Obmann Martin Gerster nach der nichtöffentlichen Sitzung.

Sein CDU/CSU-Kollege in dem Gremium, Klaus Riegert, soll den anerkannten Pharmakologen Professor Fritz Sörgel in der Sitzung als "Apotheker" abgekanzelt haben.

In dem Wortgefecht vor den Bundestagsabgeordneten habe Sörgel dann mit dem Wort "Kriminalbeamter" gekontert. CDU-Mann Eberhard Gienger, ehemaliger Weltklasse-Turner, warf in die Runde: "Schwachsinn!"

"Das war sicher eine Sitzung, die auch inhaltlich Sprengstoff geboten hat", meinte die Ausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag und versuchte zu beschwichtigen.

Kein schnelles Ende in Sicht

"Wenn ein Sachverständiger so emotional auftritt, dann provoziert das natürlich manchmal schon Widerspruch", erklärte die SPD-Politikerin. In der Causa Erfurt scheint indes kein schnelles Ende in Sicht.

"Die Nationale Anti-Doping-Agentur hat ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben, das Ende Mai vorliegen soll", sagte Dagmar Freitag. Auch CDU/CSU-Obmann Riegert erwartet keine schnellen Prozesse gegen die involvierten Sportler.

"Wir wehren uns gegen Vorverurteilungen. Scheinbare und tatsächliche Experten sind da wohl unterschiedlicher Meinung. Es scheint noch nicht klar zu sein, ob es überhaupt Doping war", sagte er der dpa.

Mit zwei Musterprozessen will die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) nunmehr prüfen, wie die Chancen eines Verfahrens überhaupt einzuschätzen sind.

"Daran sieht man ja, dass längst nicht alles klar ist", betonte Riegert. Die Causa Erfurt zeige, "dass es sich nicht um ein klassisches, konspiratives Doping handelt, sondern eher um eine Verkettung unglücklicher Umstände."

UV-Bestrahlung sollte Infekten vorbeugen

Der Erfurter Sportarzt Franke soll rund 30 Sportler einer unzulässigen UV-Bestrahlung ihres Blutes unterzogen haben - angeblich, um Infekten vorzubeugen.

Die Erfurter Staatsanwaltschaft sieht darin einen "Anfangsverdacht der unerlaubten Anwendung von Arzneimitteln bei anderen zu Dopingzwecken"; sie ermittelt seit dem Frühjahr 2011. Franke war von 2006 bis 2011 Vertragsarzt am Olympiastützpunkt Thüringen in Erfurt.

Erneut wehrte sich die NADA gegen Vorwürfe, die Aufarbeitung nicht forsch genug betrieben zu haben. "Wir verschleppen hier nichts, sondern sind an schnellstmöglicher Aufklärung interessiert", sagte NADA-Vorstand Lars Mortsiefer.

Schon 17 Monate wird ermittelt

"Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit 17 Monaten, und da ist auch noch kein Ergebnis da." Die NADA stehe eng mit der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA in Kontakt, betonte Mortsiefer, "ich denke, dass wir Schritt für Schritt vorangehen."

Zu den schwebenden Verfahren gegen Sportler, die bei Franke eine Blutbehandlung bekommen haben sollen, werde sich die NADA nicht äußern. "Da geht es auch um den Schutz der Athleten", erklärte Mortsiefer.

Man strebe zunächst "Präzedenzfälle an, ja, aber keinen Pilotprozess", sagte der Jurist. Ein schnelles Ende der Causa Franke wird nicht erwartet.

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