"Ständiger Ruf nach der Politik ist nicht zielführend"

Die neue Koalition kann nicht alle Systemprobleme lösen - auch Ärzte müssen sich an politischen Entscheidungen beteiligen.

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MAINZ (bee). Viele Experten sind sich einig: Der Gesundheitsfonds bleibt im Jahr 2010 zunächst unangetastet und wird auch danach nicht abgeschafft. Unter dem etwas provozierenden Titel "Neuer Wein in alten Schläuchen?" diskutierten Wissenschaftler und Top-Funktionäre auf Einladung von Eike Hovermann von der "AG Zukunft des Gesundheitswesens" in Mainz Handlungsoptionen der Politik und die Herausforderungen für Ärzte in der Zukunft.

Hovermann, der dem Bundestag bis vor kurzem für die SPD angehörte, erwartet kleinere Korrekturen am Gesundheitsfonds, etwa bei den Zusatzbeiträgen. Die Ökonomen Eberhard Wille und Bert Rürup waren sich einig, dass der Fonds nicht die Ursache von Defiziten in der gesetzlichen Krankenversicherung sei. Der Fonds an sich sei einnahmenneutral.

Um die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens aufrecht zu erhalten, forderte der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, Rainer Hess, dezidiert Engagement und Verantwortung von Ärzten. Bei ihnen liege die Therapieverantwortung. "Ärzte müssen sich fragen, wer den Fortschritt bezahlen soll", sagte Hess. Der ständige Ruf nach der Politik, die die Probleme lösen müsse, sei nicht zielführend.

Dem stimmte auch Andreas Meusch von der Techniker Krankenkasse zu. "Die Probleme im System müssen Ärzte und Apotheker lösen", sagte Meusch in Mainz. Außerdem sieht er auf die Ärzte eine weitere Herausforderung zukommen: Zum einen gebe es immer mehr informierte Patienten - zum anderen explodiere die Zahl der Hilfsbedürftigen, die den Rat ihres Arztes benötigen. Daher nehme der Beratungsbedarf zu. Das gilt vor allem für Patienten, die mehrere Krankheiten gleichzeitig haben.

Um die zusätzlichen Kosten zu decken, die der medizinische Fortschritt verursacht und die in einem Solidarsystem nicht getragen werden können, schlägt Medizinrechtler Professor Christian Dierks eine alternative Option vor: einen neuen Markt für Versicherungen neben der GKV und PKV. So genannte Mezzanine-Märkte zwischen die Basisversorgung und Zusatzversicherung könnten die Differenz etwa für einen Höchstbetrag bei Arzneimitteln und dem tatsächlichen Preis abdecken. Bei solchen Versicherungen könne auch Rabattwettbewerb entstehen.

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