Kliniken kämpfen verbissen um Patienten und Ärzte

Kirchturmpolitik in Südhessen: Zwei Kliniken liegen seit Jahren im Clinch um Behandlungsangebote und Personal.

Von Sabine Schiner Veröffentlicht:
Hin und her geht es zwischen zwei südhessischen Kliniken in einem harten Konkurrenzkampf.

Hin und her geht es zwischen zwei südhessischen Kliniken in einem harten Konkurrenzkampf.

© ioannis kounadeas / fotolia.com

DIEBURG. Finanzielle und personelle Engpässe machen vielen Kliniken auf dem Land zu schaffen. Der Konkurrenzkampf ist hart, wie ein Beispiel aus Südhessen zeigt. Dort kämpfen die defizitäre Kreisklinik und ein 80-Betten-Belegarzthaus ums Überleben.

Die katholische St. Rochus-Klinik in Dieburg und die zehn Kilometer entfernte 200-Betten-Kreisklinik in Groß-Umstadt liegen seit Jahren im Clinch. Alle Fusionsgespräche scheiterten. Vor einem Jahr verschärfte sich die Konkurrenz: Beide Häuser investierten unabhängig voneinander je 1,4 Millionen Euro in Linksherzkathetermessplätze.

 Die Medien sprachen von einem "Katheterkrieg". Das Gezerre um Notfallpatienten wurde im Juni 2010 beigelegt: Die beiden Häuser einigten sich auf die Zusammenarbeit in einem kardiologischen Netz. Nun sorgt der Wechsel eines Ärzteteams der Rochus-Klinik zur Konkurrenz nach Groß-Umstadt erneut für Unruhe.

Das fünfköpfige Team hatte seit 2008 in der Intensivstation der Rochus-Klinik Beatmungspatienten betreut, die von den umliegenden Maximalversorgern wie der Mainzer Unikliniknach Dieburg überwiesen werden. In der Regel handelt es sich dabei um Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen, die von den Beatmungsgeräten entwöhnt werden müssen.

Für das Belegarzthaus eine lohnende Kooperation. Auch die Maximalversorger profitieren: Ihre Betten sind schneller wieder frei für Notfallpatienten.

Die Idee dazu hatte der Intensivarzt und Notfallmediziner Dr. Patrick Schmenger. Seit 1. Januar profitiert davon allerdings sein neuer Arbeitgeber: die Kreisklinik. Sein Team soll dort im Februar in den Erweiterungsbau der Intensivabteilung mit 16 Betten einziehen und den gleichen Job wie im St. Rochus machen, denn die Kreisklinik will ebenfalls Maximalversorgern Beatmungsplätze anbieten. Hintergrund: 2009 schrieb die Klinik ein Defizit von 1,9 Millionen Euro.

Nach Medienberichten begründen Schmenger und seine Kollegen die Kündigung damit, dass der Träger von ihnen verlangt habe, künftig nicht nur auf der Intensivstation sondern auch auf anderen Stationen zu arbeiten. Dies gefährde die Patientensicherheit.

"Davon ist uns nichts bekannt", sagt Jörg Nolte, Pressesprecher der Rochus-Klinik der "Ärzte Zeitung". "Wir haben von den Ärzten nur die Kündigung bekommen. Eine Begründung liegt uns nicht vor." Ohnehin habe die Klinik erst aus den Medien von der Erweiterung der Intensivabteilung in Groß-Umstadt erfahren. Ein neues Ersatzteam sei für Dieburg bereits gefunden worden.

Der Landrat des Kreises Darmstadt-Dieburg beteuerte seine Dialogbereitschaft. Sein Sprecher, Frank Horneff, versicherte auf Anfrage, dass die fünf Ärzte nicht von der Kreisklinik abgeworben worden seien.

Die Ärzte hätten sich erst nach ihrer Kündigung beim St. Rochus beim Land beworben. Die Einstellung der Mediziner sei mit Blick auf die Erweiterung der dortigen Intensivstation "eine Personalentscheidung mit Perspektive und in den Wirtschaftsplänen finanziell darstellbar."

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