Neue "Willkommenskultur" soll den Fachkräftemangel lindern

Ohne Personal aus dem Ausland wird der künftige Mangel an Pflegern, aber auch Ärzten in Deutschland nicht gelöst werden. Um mehr ausländische Fachkräfte zu gewinnen, fordern Experten eine andere Arbeitskultur.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
BA-Verwaltungsrat Peter Clever: "Abblock-Mentalität" der deutschen Gesellschaft.

BA-Verwaltungsrat Peter Clever: "Abblock-Mentalität" der deutschen Gesellschaft.

© Peter Schicke / imago

KIEL. In der Ukraine war der Mediziner ein anerkannter Chefarzt, in Deutschland fand er nur als Reinigungskraft Arbeit. Nach Ansicht von Peter Clever, Vorsitzender des Verwaltungsrates der Bundesagentur für Arbeit, kann es sich Deutschland nicht länger leisten, die beruflichen Qualifikationen von Menschen aus Nicht-EU-Ländern so wie in dem von ihm geschilderten Fall zu ignorieren.

Clever kritisierte in diesem Zusammenhang eine "Abblock-Mentalität" der deutschen Gesellschaft und forderte eine neue "Willkommenskultur". Derzeit sei Deutschland für ausländische Arbeitskräfte nicht attraktiv.

Clever kritisierte neben Hürden zur Anerkennung der beruflichen Qualifikation die fehlende Bereitschaft, ausländische Gesundheitsberufe zu integrieren und die im Vergleich mit anderen europäischen Ländern unterdurchschnittliche Bezahlung.

Auch Schleswig-Holsteins Arbeits- und Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg sprach sich auf dem Kongress Vernetzte Gesundheit in Kiel dafür aus, die Unterstützung ausländischer Gesundheitsberufe in Anspruch zu nehmen.

Allerdings will er Personal aus Ländern, in denen die Versorgung stärker gefährdet ist als in Deutschland, nicht gezielt abwerben. Garg kann sich aber vorstellen, dass in Deutschland ausgebildetes Fachpersonal aus Entwicklungsländern nach einigen Jahren Berufserfahrung in Deutschland in die Heimat zurückkehrt.

Parallel zu solchen Rekrutierungen wünschen sich Garg und Clever flankierende Maßnahmen auf dem deutschen Arbeitsmarkt, um die Versorgung auch künftig zu sichern.

Dazu zählen etwa flexiblere Arbeitszeiten, kürzere Ausbildungen für Seiteneinsteiger mit anderem Berufsabschluss, eine bessere Einbindung älterer Arbeitnehmer und einen Bewusstseinswandel über die Rollenverteilungen in Gesundheitsberufen.

"Der Männeranteil in den Pflegeberufen muss deutlich erhöht werden", fordert Garg. Derzeit liegt der Männeranteil in der Pflege bei nur 18,5 Prozent.

Garg sprach sich auch dafür aus, den Numerus Clausus an den Universitäten nicht als einziges Kriterium für die Zulassung zum Medizinstudium anzuwenden. Die Hochschulen sollten selbst über die Zugangsvoraussetzungen entscheiden. Als Beispiel nannte Garg Assessment-Center, wie etwa in Hamburg.

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