Klinikärzte an Marburger Notaufnahme arbeiten am Limit

Am Uniklinikum in Marburg gehen Ärzte in die Offensive. Sie sehen die Patientensicherheit gefährdet. Der Grund: eine "dramatisch steigende Arbeitsbelastung".

Von Gesa Coordes Veröffentlicht:
Uniklinik in Marburg: Die Ärzte in der Notaufnahme gegen wegen Arbeitsüberlastung auf die Barrikaden.

Uniklinik in Marburg: Die Ärzte in der Notaufnahme gegen wegen Arbeitsüberlastung auf die Barrikaden.

© imagebroker / imago

MARBURG. Die internistischen Assistenzärzte der zentralen Notaufnahme des Marburger Universitätsklinikums schlagen Alarm: Die Mediziner haben eine Überlastungsanzeige bei der Geschäftsführung des privatisierten Großkrankenhauses erstattet. Damit weisen sie auf die "dramatisch steigende Arbeitsbelastung" und die damit verbundene "Gefährdung der Patientensicherheit" hin.

Die Überlastungsanzeige ist ein Instrument aus dem Arbeitsrecht. Danach sind die Beschäftigten verpflichtet, ihren Arbeitgeber zu informieren, wenn Personalmangel oder organisatorische Mängel erhebliche Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit - etwa für Patienten - bergen. Die Assistenzärzte sehen die Patientensicherheit durch personelle Unterbesetzung und Arbeitsüberlastung gefährdet.

Hintergrund ist der erst kürzlich gefeierte Umzug der noch im Lahntal verbliebenen Kliniken auf die Lahnberge, wo nun fast die gesamte Marburger Universitäts-Medizin zentralisiert wurde. Dazu gehört eine zentrale interdisziplinäre Notaufnahme, in die nun auch Patienten kommen, die zuvor im Lahntal vorsprachen.

Keine Zeit zur Blutdruckmessung

Seitdem beobachten die Ärzte ein "dramatisch hohes Patientenaufkommen". Vor allem an den Wochenenden, aber auch an Werktagen hätten mehrere Schwerkranke gleichzeitig behandelt werden müssen, was "nicht in adäquater Weise und mit der nötigen Patientensicherheit" erfolgen konnte.

Als Beispiel nennen die Ärzte in ihrem Brief einen Patienten mit einem schwer blutenden Magengeschwür, der längere Zeit in der Notaufnahme gewesen sei, ohne dass der Blutdruck gemessen wurde.

In einem anderen Fall war ein Diabetiker mit einer akuten Unterzuckerung eingeliefert worden, dessen Blutzuckerwerte nicht in den medizinisch erforderlichen Zeitintervallen kontrolliert werden konnten.

Vier Arbeitsstunden zusätzlich nach jeder Schicht

Die Ärzte beklagen bis zu vier Überstunden im Anschluss an eine normale Acht-Stunden-Schicht. "Dadurch kommt es zu einer starken physischen und psychischen Belastung", schreiben sie in ihrer Anzeige. Auch das Pflegepersonal sei überlastet.

Deshalb müssten die ärztlichen Mitarbeiter "extrem häufig" Blutröhrchen selbst richten, Medikamente aufziehen, Infusionen vorbereiten und anhängen sowie Überwachungswerte messen.

Der Sprecher des Marburger Universitätsklinikums Frank Steibli räumte ein, dass es "trotz bester Planung einige schwer vorhersehbare Schwierigkeiten nach dem Umzug" gegeben habe. Es sei kein Personal abgebaut worden.

"Es haben aber wesentlich mehr Patienten als an den Altstandorten angeklopft", erklärt er. Offenbar kamen die Kranken vor allem aus dem Umkreis von Marburg. Das Klinikum will nun mehr Pflegekräfte einsetzen. Was sonst noch verändert werden muss, wird zurzeit in Gesprächen geklärt. "Wir sind auf einem guten Weg", betonte Steibli.

Mehr zum Thema

Brandbrief

ABDA appelliert an Habeck, höhere Skonti zu erlauben

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

In Zahlen

Ärztemangel? Wir haben mal nachgerechnet

Interview

DDG-Chefin Bitzer: „Diabetes-Tsunami rollt ungebremst auf uns zu“

Lesetipps
„Kein Krankenhaus kennt momentan seine Zukunftsperspektive“: Der unparteiische Vorsitzende des G-BA, Professor Josef Hecken.

© Rolf Schulten

Kritik an Regierungsplänen

G-BA-Chef Hecken: Ärzten droht Burn-out nicht vom Geldzählen!