Psychotherapie soll raus aus der Gesamtvergütung

Für viele Fachärzte ist es ein Ärgernis: Seit 1999 sind die Ausgaben für Psychotherapie um satte 127 Prozent gestiegen - auf 1,5 Milliarden Euro, die von der Gesamtvergütung abgezogen werden. Jetzt soll nach dem Willen der KBV-VV Schluss damit sein.

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Stühle frei.

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BERLIN (HL/fst). Nach dem Willen der KBV-Vertreter sollen psychotherapeutische Leistungen ab 2013 außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung finanziert werden. Der Honorartopf der Hausärzte wäre von diesem Schritt nicht berührt.

Die Sonder-Vertreterversammlung der KBV hat dem Vorstand den Auftrag erteilt, dem Gesetzgeber einen Formulierungsvorschlag zu machen. Danach soll das Leistungspaket ab 2013 außerhalb der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung honoriert werden.

Gelten soll dies für antrags- und genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen sowie probatorische Sitzungen und andere für die Einleitung und Fortführung einer Psychotherapie notwendige Leistungen.

Die Finanzierung der Psychotherapie aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung hat sich zu einem Problem entwickelt: Im Jahr 1999 betrugen die Ausgaben für Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung 660 Millionen Euro; im Jahr 2010 waren es 1,5 Milliarden Euro.

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts ist es nicht möglich, die zeitabhängige Vergütung in der Psychotherapie zu deckeln. Bisher wird wird die Psychotherapie nach der Honorartrennung aus dem Facharzttopf finanziert. Dies zu ändern, ist das Ziel der KBV.

Der Hausärzteverband zeigte sich erleichtert, dass nicht – wie befürchtet – der Honorartopf der Hausärzte angezapft wird. "Die KBV ist zurückgerudert. Zudem musste der KBV-Vorsitzende zugeben, dass das bisherige Verteilungsverfahren nicht rechtskonform ist", sagte Verbandschef Ulrich Weigeldt der "Ärzte Zeitung".

Lesen Sie auch: KBV beschließt neue EBM-Reform-Grundsätze

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Kommentare
Gerhard Leinz 30.04.201216:40 Uhr

Ambulante Behandlung strukturell stärken

Eine Auskoppelung der antragsgebunden Psychotherapie alleine reicht nicht. Die Beitragsausfälle durch Psychische Störungen durch Arbeitsunfähigkeit und explodierende Frühberentungen schaden allen Ärzte.
Die bisherigen Versorgungstruktur billigt der Zahnmedizin für die ambulante Behandlung fast 12 Milliarden im Jahr( 2009)zu. Allen P-Behandlern (Nervenärzte, Psychiater, Psychotherapeuten) incl. der Psychotherapie standen (2009) nur 1,3 Milliarden Euro im Jahr zu.
Das ist völlig unverhältnismäßig. Die Gesamtbehandlungskosten (28 Milliarden im Jahr 2011) und die Folgekosten durch Arbeitsunfähigkeit (geschätzt 2011 fast 10 Milliarden für Krankengeld) bei psychischen Störungen explodieren, trotz Zunahme der Ausgaben für die Antragsgebundene Psychotherapie.
Dies weist darauf hin, dass Strukturelle Reformen nötig sind. Die Konzentration auf die antragsgebunde Psychotherapie allein ist falsch.
Erforderlich ist ein Fördern psychotherapeutischer Frühinterventionen und Kriseninterventionen. Psychisch Kranke müssen viel zu oft ins Krankenhaus, weil das ambulante System seit vielen Jahren vernachlässigt wird. Das verstößt gegen die Menschenwürde und gegen das Gleichbehandlungsgebot für Psychisch Kranke. Auch Psychisch Kranken (Burn- Out gehört dazu!) sollte ein Recht auf ambulante Behandlung zugebilligt werden.

Gerhard Leinz
Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
gerhard.leinz@praxis-leinz.de

Prof. Dr. Ingo Brandhorst 30.04.201201:25 Uhr

Psychotherapie auf Ärzte-Kosten

Es war auf jeden Fall von Anfang an ein grober Fehler schon 1999, die Ausgaben für Psychotherapie überhaupt von der Gesamtvergütung der Ärzte abzuziehen, und das auch noch so hinzunehmen!

Und mit dem Urteil des Bundessozialgerichts, es sei nicht möglich, die zeitabhängige Vergütung in der Psychotherapie zu deckeln, wurde dann die nichtmedizinische Psychotherapie logischer Weise richtig schnell zum ungedeckelten Selbstläufer auf Kosten der Vertrags-Ärzte, was die um satte 127 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro gestiegene Gesamtvergütung auf Kosten der Ärzte beweist.

Nicht mal eine zwingende Qualitätskontrolle findet statt, das zeigt immer öfter die überwiegend nur wenig zufriedene Patientenzahl in psychotherapeutischer Behandlung dann im Not- und Rettungsdienst.

Wenn deckeln bei den einen geht, dann geht das auch bei den anderen, man muss nur wollen in der Politik!

Gabriele Wagner 27.04.201218:51 Uhr

Brisanz entgangen

Per E-Mail erreichte uns der folgende Kommentar:

Vielleicht ist Ihnen die Brisanz entgangen: die Psychotherapie wird seit 4 Jahren im Vorwegabzug vor Trennung der Gesamtvergütung von den Hausärzten mitfinanziert, was schlichtweg rechtswidrig ist, siehe BSG-Richter Wenner, "Das Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform", 2008, S. 247, RN 25 (gerne nähere Informationen über unseren Justitiar Herrn Schütz, Hausärzteverband) und nicht, wie Sie schreiben, nach Trennung der Gesamtvergütung von den Fachärzten. So hätte es sein sollen, ist es aber nicht. Im übrigen trifft die gleiche Rechtswidrigkeit auch auf das Labor zu. Der Skandal ist, dass damit seit 4 Jahren die Berechnung der getrennten Gesamtvergütung rechtswidrig erfolgte, indem hausärztliche Gelder zur Finanzierung von fachärztlichen Leistungen herangezogen wurden. Aber vielleicht interessiert die ÄZ dieses von Herrn Köhler eingestandene Desaster im KV-System nicht. Die Hausärzte werden es jedenfalls nicht auf sich beruhen lassen und die sofortige Beendigung dieses Zustandes einfordern samt Rückzahlung der unrechtmäßig verteilten
hausärztlichen Gelder.

Dessen ungeachtet ist natürlich die Forderung richtig, die Psychotherapeutische Vergütung extrabudgetär zu vergüten und das einzufordern.

Mit freundlichen Grüßen,
Rainer Kötzle - ein wieder einmal vom KV-System betrogener Hausarzt.

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