Landarzt - ein falsch verstandener Beruf?

Nur ein Bruchteil der Mediziner beschäftigt sich offenbar mit der Option, sich auf dem Land niederzulassen. Die KV Niedersachsen vermutet Fehlurteile.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Idyllische Landschaften sind für Ärzte selten reizvoll genug, sich auf dem Lande niederzulassen.

Idyllische Landschaften sind für Ärzte selten reizvoll genug, sich auf dem Lande niederzulassen.

© Thorsten Schier / fotolia.com

HANNOVER. Die Niederlassung auf dem Land hat ein schlechtes Image, das hat eine Umfrage der KV Niedersachsen (KVN) und des Niedersächsischen Gesundheitsministeriums ergeben.

Die Furcht vor viel Arbeit, vor beruflicher Stagnation sowie vor einem geringen kulturellen Angebot halten nicht niedergelassene Kollegen von der Überlegung ab, sich mit einer eigenen Praxis auf dem Land selbstständig zu machen.

Die KV Niedersachsen wittert - ähnlich wie AOK Bundesverband und "Ärzte Zeitung", die in einer gemeinsamen Aktion einen Landarzt für Mecklenburg-Vorpommern suchen - Fehlurteile und setzte auf Information.

Als größte Hindernisse wurden in der Studie unter anderem der Mangel an kulturellen Angeboten, die hohe Arbeitsbelastung und die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf angegeben, außerdem Bedenken, bei der fachlichen Weiterentwicklung auf der Strecke zu bleiben.

Die Furcht vor dem wirtschaftlichen Risiko und den hohen zu erwartenden Kosten wurde zwar als sehr groß beurteilt, aber im Hinblick auf die Niederlassung zugleich als relativ irrelevant.

An der Umfrage waren rund 3000 Klinikärzte bis 55 Jahre, hauptsächlich Internisten, aber auch Kollegen, die derzeit nicht in ihrem Beruf arbeiten, beteiligt .

Hoher Stellenwert für die gute Reputation als Landarzt

An positiven Kriterien schlug bei den Befragten eine gute Arzt-Patienten-Beziehung zu Buche, das hohe Maß der Eigenverantwortung sowie das hohe Ansehen von Ärzten auf dem Land.

Aber diese als außerordentlich positiv eingestuften Werte waren für die Ärzte zugleich relativ unwichtig. Keines der Positivkriterien schaffte es auf der Relevanzskala an die 50-Prozent-Marke heran; am wichtigsten unter den als positiv bewerteten Kriterien galt den Befragten noch die gute Reputation als Landarzt.

Das Endergebnis der Studie verwundert deshalb nicht: Nur neun Prozent der Befragten fanden eine Niederlassung attraktiv, nur drei Prozent hielten ihre Niederlassung in den nächsten drei Jahren für sehr wahrscheinlich, nur zwei Prozent haben sich intensiv mit der Option befasst, sich auf dem Land niederzulassen.

Die KV Niedersachsen führt das schlechte Image des Doktors auf dem Lande auch darauf zurück, dass sich kaum ein Klinikarzt Gedanken um die Niederlassung macht.

KV setzt bei Informationen vor allem auf Frauen

"Dann ist natürlich auch der Informationsstand nicht so hoch", sagt Thilo von Engelhardt, Koordinator für die allgemeinmedizinische Weiterbildung bei der KV Niedersachsen, "viele Ärzte haben sich selber ein Bild vom Landarztdasein zusammengestrickt."

So folgert die KVN: "Die für viele Ärzte sehr guten Einkommensmöglichkeiten bei gleichzeitiger Chance, sich die Arbeitszeit mit Rücksicht auf die Familie frei einrichten zu können, bleibt bei vielen offenbar außer Betracht." Für von Engelhardt ist darum Information das Mittel der Wahl.

Obwohl die Umfrage-Ergebnisse kaum Unterschiede zwischen Ärztinnen und Ärzten ergeben haben, setzt die KV vor allem auf die Frauen. "Wir wollen hier mehr und besser Informieren und kommunizieren", so von Engelhardt.

Unterdessen hat die KV mehrere Info-Veranstaltungen für Frauen organisiert - mit ersten Erfolgen: "Zwei Ärztinnen haben sich nach den Veranstaltungen auf dem Land niedergelassen.

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