Hausarzt oder Notarzt: Leitstelle entscheidet

Wer im Saarland künftig die "116 117" wählt, spricht mit der Rettungsleitstelle, die entscheidet, ob der Notarzt oder der Hausarzt gerufen wird. Das hat die KV-Vertreterversammlung beschlossen.

Andreas KindelVon Andreas Kindel Veröffentlicht:
In spätestens zwölf Monaten soll jeder Saarländer, der die "116 117" wählt, die Rettungsleitstelle erreichen.

In spätestens zwölf Monaten soll jeder Saarländer, der die "116 117" wählt, die Rettungsleitstelle erreichen.

© Patrick Pleul / dpa

SAARBRÜCKEN. Das Saarland nutzt die Einführung der neuen Rufnummer für den ärztlichen Bereitschaftsdienst, um die Notruf-Systeme in der medizinischen Versorgung zu zentralisieren.

Wer dort künftig die "116 117" wählt, spricht mit der Rettungsleitstelle, die entscheidet, ob der Notarzt oder der Hausarzt gerufen wird.

Die KV-Vertreterversammlung hat für das Projekt einstimmig den Weg frei gemacht. Damit kann die KV Saarland jetzt eine entsprechende Vereinbarung mit dem Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar (ZRF) abschließen.

Am 1. Juli soll das Projekt starten - zunächst nur im Landkreis Merzig-Wadern. Dann vermittelt dort ein Rettungssanitäter die Hilfesuchenden an die richtige Stelle.

Spätestens in zwölf Monaten soll das komplette Saarland "aufgeschaltet" sein.

"Bundesweites Leuchtturmprojekt"

Der stellvertretende saarländische KV-Chef Dr. Joachim Meiser sprach von einem "bundesweiten Leuchtturmprojekt". "Wir wollen einen völlig neuen Weg gehen", erklärte er. Das sei weit mehr als nur die Einführung einer neuen Rufnummer für den ärztlichen Bereitschaftsdienst.

ZRF-Geschäftsführer Bernhard Roth hofft auf Synergie-Effekte auf beiden Seiten. Bislang komme es immer wieder vor, dass sowohl ein Notarzt als auch ein niedergelassener Mediziner zum Einsatzort gerufen werden. Dies lasse sich künftig vermeiden.

Kassenärzte und Rettungs-Zweckverband hatten die Zusammenarbeit bereits seit 2008 in einem Pilotprojekt im Landkreis Merzig-Wadern ausprobiert und dabei viele gute Erfahrungen gemacht.

"Die Akzeptanz bei den Ärzten dort ist hoch", berichtete Meiser. Es gebe weniger "unsinnige Anrufe" und die Vermittlung der Hilfssuchenden ans richtige System funktioniere besser.

Dort habe man festgestellt, dass nur 60 Prozent der Anrufe an den ärztlichen Bereitschaftsdienst weiter vermittelt wurden.

Zehn Prozent der Anrufe seien so dringlich gewesen, dass gleich ein Rettungswagen ausrückte. Knapp jeder dritte Anruf sei aber weder ein Fall für den Notarzt noch für den Bereitschaftsdienst gewesen.

Zweifel hatten einige KV-Vertreter, ob der Sanitäter in der Rettungsleitstelle die Hilfesuchenden immer richtig weitervermittle. Schließlich klagten Notärzte schon jetzt, teilweise unnötig ausrücken zu müssen.

120 000 Euro Kosten pro Jahr

ZRF-Geschäftsführer Roth verwies darauf, dass die Sanitäter in der Leitstelle nur aufgrund der telefonischen Informationen entscheiden müssten. "Außerdem habe wir viele Gerichtsverfahren", so Roth. "In Zweifel wird deshalb lieber der Rettungsdienst vermittelt".

Knackpunkt bei dem Projekt sind die Kosten. Noch im Februar hatte die KV-Vertreterversammlung die Einführung der neuen Bereitschaftsdienstnummer auf Eis gelegt, weil die Ärzte befürchteten, auf den Kosten sitzen zu bleiben.

Auch jetzt ist das Projekt für sie nicht umsonst. Mit rund 120.000 Euro jährlich bezifferte KV-Vize Meiser die Kosten, machte den KV-Vertretern aber zugleich Hoffnung, dass dieser Betrag noch sinkt. Es gebe Signale, dass auch das Land bei der Finanzierung einsteige

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