Interview

"Der HVM war für die Kassen eine Zumutung"

Dr. Klaus Heckemann, Chef der KV Sachsen, spricht im Interview über Honorargewinne der Hausärzte, die Diskussion bei den Fachärzten und den demografischen Wandel.

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Heckemann: "Was bisher beim Ärztemangel gemacht wurde, hat die Verschärfung des Problems etwas gebremst."

Heckemann: "Was bisher beim Ärztemangel gemacht wurde, hat die Verschärfung des Problems etwas gebremst."

© Trappe

Ärzte Zeitung: Dr. Heckemann, bei der jüngsten KV-Vertreterversammlung wurde der HVM in einigen Punkten zugunsten der Hausärzte verbessert, erinnert sei an die Anhebung des Punktwerts von 3,5 auf 3,8 Cent. Ist damit genug getan für die Hausärzte in Sachsen?

Heckemann: Die grundsätzliche Frage ist doch in Sachsen: Kann ich aus den vorhandenen Hausärzten noch mehr rausholen? In diese Richtung gehen viele der Maßnahmen, die wir gerade ergreifen.

Die Abstaffelungsgrenzen fallen weg, die Punktwerte werden angehoben, Hausbesuche besser abgerechnet. Hausärzte sind ein knappes Gut und wir müssen sie so gut als möglich motivieren. Natürlich kann man aber mit Geld nicht alles regeln.

Es braucht also noch mehr Maßnahmen, zum Beispiel Studentenförderung. Aber eines steht auf jeden Fall fest: Wir sind, vor allem mit der Anhebung des Punktwerts, einen großen Schritt gegangen. Und das war übrigens nur möglich, weil die Kassen kein Vetorecht mehr haben.

Ärzte Zeitung: Heißt das, Sie wollen auf die Kassen künftig gar keine Rücksicht mehr nehmen?

Heckemann: Das sicher nicht, aber wir wollen unsere neue Freiheit beim HVM schon nutzen. Ich kann mir vorstellen, dass das alles eine ganz schöne Zumutung ist, aber der größte Brocken wurde ja jetzt schon abgearbeitet bei der letzten Vertreterversammlung.

Wir sind auch künftig bemüht, unseren Weg in Sachsen, der ja mit den Kassen eher konsensorientiert ist, weiterzugehen.

Ärzte Zeitung: Wenn wir gerade über Konsens reden: Den betonen Sie ja auch immer wieder, wenn es um das Verhältnis zwischen den Haus- und Fachärzten in der KV geht. Nun profitieren von den neuen Regelungen erst einmal nur die Hausärzte. Akzeptieren das die anderen Fachgruppen einfach so? Niemand will schließlich zurückstecken.

Heckemann: Das müssen die Fachärzte ja auch gar nicht. Ihnen wird nichts weggenommen, sondern den Hausärzten wird mehr gegeben. Das klingt nur vordergründig wie ein Widerspruch, ist aber keiner.

Die Zuwächse bei den Hausärzten resultieren ja vor allem daraus, dass jetzt überhaupt der RLV-Fallwert ausgeschöpft werden kann. Bei jedem dritten Hausarzt in Sachsen war das bisher nicht der Fall, wobei die Ursache darin liegt, dass der EBM den demografiebedingten Mehraufwand nicht abbildet.

Die Honorartöpfe werden nicht angetastet und schon gar nicht verkleinert. Wenn es da bei dem einen oder anderen trotzdem Missstimmung gibt, ist das wohl eher ein psychologisches Problem.

Ärzte Zeitung: Nach dem Motto: Wenn die mehr kriegen, will ich auch mehr. Deshalb arbeitet der KV-Vorstand auch gerade an Angleichungen bei den Fachärzten.

Heckemann: Es wird ein langer Diskussionsprozess, bei dem die einzelnen Fachgruppen zur Einigung beitragen sollen und einige logischerweise zurückstecken müssen.

Es wird eine Umverteilung geben, aber sicher in einer verträglichen Größenordnung. Und ich bin zuversichtlich, dass auch das weitgehend harmonisch ablaufen wird.

Ärzte Zeitung: Lassen Sie uns noch kurz über den Ärztemangel in der Provinz reden. Es gibt kaum eine sächsische Vertreterversammlung, die ohne das Thema auskommt. Wie viel Weg liegt da noch vor Ihnen?

Heckemann: Was wir bisher gemacht haben, hat ja höchstens dazu geführt, dass die Verschärfung des Problems etwas gebremst wurde. Alles, was wir jetzt erleben, ist im Vergleich zu dem, was kommt, harmlos.

Ich würde sogar sagen, dass wir uns glücklich schätzen können, wenn es so bleibt. Aber nach allem, was wir wissen, ist eher davon auszugehen, dass es schlechter wird. Dagegen müssen wir was tun.

Am besten wäre es, wenn wir die Kapazität an Hausärzten erhöhen, und zwar massiv. Mit Veränderungen beim HVM und einzelnen Fachgruppen betätigen wir Stellschrauben. Das Steuerrad ist woanders.

Das Gespräch führte Thomas Trappe

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