DEGAM

24 streitbare Thesen zur Zukunft der Allgemeinmedizin

Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin hat mit einem Positionspapier ihren Kurs für die Zukunft bestimmt. Viele Thesen dürften Widerspruch hervorrufen - wie der Wunsch, Allgemeinmedizin als Kernfach im Studium zu etablieren.

Raimund SchmidVon Raimund Schmid Veröffentlicht:
Der Kompass zeigt Richtung Gesundheit: Die DEGAM hat mit ihren Thesen eine Diskussion über die Zukunft der Allgemeinmedizin angestoßen.

Der Kompass zeigt Richtung Gesundheit: Die DEGAM hat mit ihren Thesen eine Diskussion über die Zukunft der Allgemeinmedizin angestoßen.

© Butch/fotolia.com

ROSTOCK. Die 24 Zukunftspositionen der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) sollen Diskussionen um die Zukunft der hausärztlichen Praxis "provozieren".

Dieser von DEGAM-Präsident Ferdinand M. Gerlach bei der Jahrestagung seiner Organisation in Rostock geäußerte Wunsch dürfte mit Thesen wie "Allgemeinmedizin ist das Kernfach im Medizinstudium" in Erfüllung gehen.

Auf Widerspruch dürfte auch die Botschaft stoßen, dass die Qualität hausärztlicher Arbeit nicht mit "Honorierungssystemen" verknüpft werden dürfe.

Zu jeder ihrer Thesen, die nicht den aktuellen Stand der Versorgung von heute abbilden sollen, sondern auf die Zukunft ausgerichtet sind, liefert die DEGAM jeweils Begründungen mit.

Allgemeinmedizin soll "Kernfach" werden

Positionen der DEGAM

Mit ihren in Rostock mit großer Mehrheit verabschiedeten 24 Zukunftspositionen geht die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) neue Wege.

Nach einer zunächst plakativ ausgerichteten Forderung folgt im zweiten Teil eine inhaltliche Unterfütterung der These.

Danach werden einige auf evidenzbasierte Quellen gestützte Begründungen mitgeliefert. Fast alle der 24 Positionen sind kurz gehalten und passen auf eine DIN-A-4-Seite.

Auf der DEGAM-Webseite finden Sie das Thesenpapier!

So wird zum Beispiel zu Punkt 8 folgende Erklärung angeführt: "Eine Parallelverordnung ohne Koordination durch einen zentralen Ansprechpartner birgt große Risiken für den einzelnen Patienten. Die Koordination der Behandlungs- und Medikamentenempfehlungen von den Mitbehandlern durch ein hausärztliches Team kann die Sicherheit der Arzneimitteltherapie erhöhen und insbesondere die Versorgung chronisch Erkrankter verbessern."

Die hausärztliche Versorgung diene damit auch "der Vermeidung unnötiger medizinischer Maßnahmen".

Aufgrund dieser übergeordneten Bedeutung der Hausärzte im Versorgungssystem müsse die Allgemeinmedizin künftig "das Kernfach" im Medizinstudium werden, heißt es in der These 16.

Im Fokus müssten dabei "praktische Fertigkeiten wie die körperliche Untersuchung und die Vermittlung kommunikativer Kompetenz" stehen.

Angesichts der zunehmenden Subspezialisierungen gerade in den Universitätsklinika sei die Allgemeinmedizin für die Vermittlung dieser Kompetenzen "in idealer Weise" geeignet und daher das zentrale Fach im Medizinstudium schlechthin.

Um diesen Anspruch auch konkret auszufüllen, müsse künftig von Beginn des Studiums an bis einschließlich des PJ ein "longitudinales Curriculum im Fach Allgemeinmedizin" etabliert werden, fordert die DEGAM.

TK: Zuspruch und Unverständnis

Dass die Hausarztpraxis der Zukunft eine Teampraxis sein soll (Zukunftsposition 2), konnte Dr. Jens Baas, Vorstands-Chef der Techniker Krankenkasse, bei der Präsentation des Papiers in Rostock unterschreiben.

Allerdings seien hier noch Blockaden in den Köpfen mancher Ärzte zu lösen, die auch in Zukunft auf "Besitzstandswahrung" setzten.

Dass die DEGAM zudem in ihren Thesen 19-22 stark auf Evidenzbasierung, Unabhängigkeit von Herstellerinteressen und Forschungsaktivitäten (klinische Forschung und Versorgungsforschung) setzt, könne die TK ebenfalls mittragen.

Nicht nachvollziehen wollte Baas allerdings, dass die Qualität ärztlicher Arbeit nicht ein Kriterium für eine Bezahlung sein soll. Hausärzte müssten sich "nicht verstecken müssten, wenn es um Qualität geht".

Hier hat die DEGAM bislang keine belastbare Evidenz gefunden, "die einen durchgängig positiven Effekt von Pay-for-performance auf die Qualität der Versorgung - verbesserte Lebensqualität, reduzierte Morbidität oder Mortalität - belegen würde".

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