Saarland

Online-Zwang löst Proteststurm aus

Saarlands Ärzte sollen online abrechnen - und sind darüber gar nicht amüsiert. Das beschlossene Aus für die Abrechnung per Diskette hat an der Saar einen heftigen Protest der Basis entfacht - per Faxgerät. Die Kollegen befürchten ein "unkalkulierbares Risiko".

Andreas KindelVon Andreas Kindel Veröffentlicht:
Der Stift hat ausgedient, die Diskette bald auch: Kritiker fordern, dass die Vertreter ihren Beschluss zur Online-Abrechnung wieder kippten.

Der Stift hat ausgedient, die Diskette bald auch: Kritiker fordern, dass die Vertreter ihren Beschluss zur Online-Abrechnung wieder kippten.

© Gina Sanders / fotolia.com

SAARBRÜCKEN. An der saarländischen Kassenarztbasis wächst der Protest gegen den von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beschlossenen Zwang, ab 1. Juli nur noch online abzurechnen.

Schon jetzt läuft eine Protest-Fax-Aktion. Bei der nächsten KV-Vertreterversammlung wollen die Kritiker den Onlinezwang-Beschluss wieder kippen.

Im Februar hatte die saarländische Vertreterversammlung in Perl an der luxemburgischen Grenze beschlossen, dass die knapp 2000 saarländischen Kassenärzte und Psychotherapeuten ab 1. Juli nur noch online abrechnen dürfen.

Ab 2014 müssen sie dafür nur noch das "KV-SafeNet" nutzen, mit dem die Daten direkt aus dem Praxisrechner an die KV übermittelt werden. Zwar sollen auch dann noch Ausnahmen möglich sein, aber generell gilt nach dem Beschluss: Wer nicht mitmacht, kann nichts mehr abrechnen.

"Diese Entscheidung wurde klammheimlich ohne Diskussion und Kommunikation mit den betroffenen Vertragsärzten von unserer KV beschlossen", kritisiert der Homburger Internist Dr. Stefan Mörsdorf in einem Schreiben an seine Kollegen.

Der Beschluss sei erst durch die "Ärzte Zeitung" und Meldungen der Softwareanbieter bekannt geworden. Mörsdorf hat eine Protest-Fax-Aktion gestartet und seine Kollegen aufgerufen, bei der KV dem Online-Zwang zu widersprechen.

Mörsdorfs Kritik: Die Zwangsvernetzung der saarländischen Praxen sei ein "unkalkulierbares Risiko" für die Patientendaten.

Den Datenschutz könne man nicht gewährleisten - schon gar nicht "mit einem ‚saarländischen Rechnerzoo‘ mit mehr als 2500 individuell konfigurierten Servern". Und falls die Patientendaten in falsche Hände gerieten, sei völlig unklar, wer dafür haftet.

Jeder Dritte rechnet per Diskette ab

Die beiden Merziger Frauenärztinnen Dr. Margareta Kirsch und Agnes Abel verweisen in einem Offenen Brief an die Mitglieder der Vertreterversammlung darauf, dass man nun einen vorkonfigurierten und ferngewarteten Router in sein Praxisnetzwerk einbinden müsse.

Ihr Fazit: "Das hat nichts mit Datensicherheit zu tun, sondern stellt eine datentechnische Bedrohung für die Praxis dar".

Der Sprecher der Liste der Freien Ärzte, Dr. Thomas Kajdi, will auf der nächsten KV-Vertreterversammlung am 15. Mai beantragen, den Online-Zwang wieder zu kippen. "Ansonsten sind wir keine Bastion mehr für den Schutz der Patientendaten", sagt der Völklinger Nervenarzt.

Kajdi verweist auch auf die Kosten. Auf die saarländischen Vertragsärzte kämen Belastungen zwischen 250.000 und 2,3 Millionen Euro zu, schätzt er.

Die Online-Abrechnung ist nach Kajdis Angaben auch keineswegs gesetzlich vorgeschrieben. Es gebe lediglich eine Richtlinie der KBV. Doch die KV Saarland könne sich auch anders entscheiden. Dass dies möglich sei, zeige das Beispiel Hamburg.

Dort hätten die Vertragsärzte weiterhin auch die Möglichkeit, ihre Abrechnung auf einem Datenträger in die KV zu bringen. "Wir sind ja nicht gegen die Online-Abrechnung", sagt Thomas Kajdi.

"Wir wollen nur die Freiwilligkeit erhalten". Diese Sache an die Existenz eines Vertragsarztes zu knüpfen, gehe über die Kompetenz der KV hinaus.

Nach Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung haben Ende 2012 noch 36,4 Prozent der Mitglieder per Diskette abgerechnet. 63,6 Prozent rechneten online ab.

Dafür steht eine VPN-Lösung zur Verfügung, die ausschließlich von Stand-alone-Rechnern aus genutzt werden sollte und nur der Abrechnungsübertragung dient. Sie sei für die Übertragung von Patientendaten nicht zugelassen, so die KV.

Mehr über den Protest der saarländischen Vertragsärzte unter: http://tinyurl.com/cy28pyu

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums v.l.n.r.: Professor Karl Broich (BfArM), Dr. Jürgen Malzahn (AOK-Bundesverband), Dr. Christine Mundlos (ACHSE e.V.), Hauke Gerlof (Ärzte Zeitung), Dr. Johanna Callhoff (DRFZ), Professor Christoph Schöbel (Ruhrlandklinik, Universitätsmedizin Essen), Privatdozent Dr. Christoph Kowalski (Deutsche Krebsgesellschaft), Dr. Peter Kaskel (Idorsia)

© Thomas Kierok

ICD-11: Die Zeit ist reif für die Implementierung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Idorsia Pharmaceuticals Germany GmbH, München
Abb. 1: Bei erfolgreich therapierter Sialorrhö ist Teilhabe wieder leichter möglich

© Olesia Bilkei / stock.adobe.com [Symbolbild]

Glycopyrroniumbromid bei schwerer Sialorrhö

Wirtschaftliche Verordnung durch bundesweite Praxisbesonderheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Proveca GmbH, Düsseldorf
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Update der Studie EPIsoDE

Psilocybin hält therapieresistente Depressionen ein Jahr lang in Schach

Lesetipps
Warnschild Grippewelle

© nmann77 / stock.adobe.com

ARE in Grafiken

RKI: Grippewelle deutet sich an

Fünf Menschen im Wartezimmer.

© Tyler Olson / stock.adobe.com

Einteilung in fünf Gruppen

Diabetes: Risiken für Komorbiditäten vom Subtyp abhängig

Im Krankenhaus wird der Patient unter Aufsicht eines Radiologen einer CT-Untersuchung unterzogen.

© Valerii Apetroaiei / stock.adobe.com

Vereinfachter Diagnose-Algorithmus

Lungenembolie mit weniger Bildgebung sicher ausschließen