Thüringen

Notdienst-Ärzte oft nicht erreichbar

Die Großreform des Notdienstes in Thüringen vor drei Jahren gilt mittlerweile als Erfolg - sie wird jetzt aber nochmal nachjustiert. Der Grund: Die Ärzte sind telefonisch oft nicht zu erwischen.

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116 117 - die einheitliche Nummer für den Notruf.

116 117 - die einheitliche Nummer für den Notruf.

© Patrick Pleul / dpa

ERFURT. Anfangs wurde sie heftig bekämpft, inzwischen gilt die Notdienstreform in Thüringen als Erfolg. Vor drei Jahren wurde die Zahl der ambulanten Notdienstbereiche von 41 auf 27 eingedampft, mit entsprechend weniger Sitzdiensten und längeren Fahrzeiten.

"Interessant ist, dass sich nicht ein Patient beklagt hat, er würde nicht ausreichend behandelt, obwohl ein deutlicher Rückgang der Arzt-Patientenkontakte zu verzeichnen war", sagt Michael Sakriß, Vize-Vorsitzender der Vertreterversammlung (VV).

Demnach fiel die Zahl der Behandlungsfälle von etwa 70.000 vor der Umstrukturierung auf nur noch 43.000 im dritten Quartal 2010. Seitdem ist die Tendenz mit zuletzt knapp 50.000 Notdienstfällen leicht zunehmend.

Die Evaluation zeigte außerdem, dass sich viele Ärzte auch erfolgreich drücken: Im Bereich Erfurt/Sömmerda beispielsweise übernehmen von 432 eigentlich verpflichteten Ärzten nur 28 Prozent den Dienst.

"Das liegt aber auch daran, dass es einige gibt, die das sehr gern machen, wegen der attraktiven Honorierung", erklärt Sakriß.

Immer wieder Streit mit Ärzten

Erhebliche Sorgen bereitet der KV die telefonische Erreichbarkeit der eingeteilten Ärzte. Zu bestimmten Tageszeiten könnten bis zu 60 Prozent der Anrufe nicht entgegen genommen werden, sagt Sakriß. Häufig sei der Arzt bereits beschäftigt.

Zudem verweigerten einige Rettungsleitstellen die Disposition der Anrufe. Sakriß zufolge haben sich viele Leitstellen beschwert, dass es immer wieder Streit mit Ärzten gebe, die die Hausbesuche nicht übernehmen wollen.

Die VV erteilte dem KV-Vorstand deshalb auf ihrer Septembersitzung den Auftrag, ein Konzept für ein landesweites "Dispatching" zu erarbeiten. "Ein klares Signal für Zentralisierung und Vereinheitlichung", so Sakriß.

Nach einer langen und emotionalen Debatte segnete die VV weitere Änderungen der Notdienstverordnung ab. Demnach werden landesweit zwingend sogenannte Hintergrunddienste eingeführt.

Ersatzarzt muss einspringen

Für den Fall, dass der ursprünglich eingeteilte Notarzt ausfällt, greifen Dienstpläne für einen Ersatzarzt. Er muss innerhalb von 30 Minuten am Notdienststandort sein.

Einige Regionen praktizieren dies bereits freiwillig. Weiter beschlossen die Vertreter die Einführung eines zwingenden Dienstes an Brückentagen.

Die Kosten für den Notdienst, etwa die Finanzierung von Schwestern beim Sitzdienst, werden künftig durch eine landesweit einheitliche Umlage gedeckt.

Die Änderungen treten laut Beschluss zum April 2014 in Kraft. Abgelehnt wurde hingegen die Aufhebung der Residenzpflicht: Notärzte müssen weiter am Fahrdienststandort präsent. Sie dürfen nicht von Zuhause aus anrücken. (rbü)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Weniger ist mehr

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