Jugendärzte schlagen Alarm

Schulstress macht immer mehr Kinder krank

Kopfschmerzen, Bauchweh, depressive Verstimmungen: Die Kinder in Deutschland haben vermehrt gesundheitliche Probleme, die durch den Stress in der Schule entstehen. Darauf haben die Pädiater bei ihrem Kongress in Weimar hingewiesen.

Veröffentlicht:
Fast erschlagen von zu viel Lernstoff: Das klassische Leistungsprinzip macht immer mehr Schülern gesundheitlich zu schaffen.

Fast erschlagen von zu viel Lernstoff: Das klassische Leistungsprinzip macht immer mehr Schülern gesundheitlich zu schaffen.

© grafikplus / fotolia.com

WEIMAR. "Schule macht krank?!?" So lautete die Botschaft des Jugendmedizin-Kongresses, der noch bis zum 9. März in Weimar stattfindet.

Das Motto kommt nicht von ungefähr. Denn nach Erkenntnissen der Kinder- und Jugendärzte nehmen in jüngster Zeit somatoforme Störungen und Krankheiten zu, die auf schulische Be- und Überlastungen zurückzuführen sind.

Auf diesen besorgniserregenden Trend hat Dr. Uwe Büsching, wissenschaftlicher Leiter des 20. bundesweiten Kongresses für Jugendmedizin in Weimar, bei einer Pressekonferenz hingewiesen.

Psychische oder psychosomatische Befunde bei jedem Vierten

So würden die Pädiater in der Praxis zunehmend mit neuen Morbiditäten konfrontiert, die auf Lebensumstände zurückzuführen sind, "die ganz wesentlich vom Alltag in der Schule und Familie beeinflusst sind," bekräftigt auch Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).

Die Datenlage dazu sei aber schlecht. Etwa 15 Prozent aller Kinder kämen bereits mit psychischen Auffälligkeiten in die Schule.

Während der Schulzeit würden bei insgesamt rund 25 Prozent aller Kinder und Jugendlichen psychische oder psychosomatische Befunde festgestellt, hieß es in Weimar.

Konkret würden in den pädiatrischen Praxen immer häufiger Schüler mit massiven Kopf- oder Bauchschmerzen oder auch Essstörungen, Ängsten, emotionalen Problemen oder depressiven Erscheinungen vorgestellt werden, die auch auf eine Überforderung in der Schule zurückzuführen seien, erläuterte Hartmann.

Diese liegt laut Büsching unter anderem daran, dass der Druck auf die Schüler durch die übereilte Verkürzung der Gymnasialzeit auf acht Jahre, der schleppenden Umsetzung der Inklusion und auch durch übersteigerte Erwartungshaltungen der Eltern zuletzt spürbar zugenommen hat.

Mehr Heilmittel an Kinder

Die Medizin laufe daher nun zunehmend Gefahr, zum bloßen Reparaturbetrieb einer verfehlten Schulpolitik abzugleiten. Dies zeige sich auch dadurch, dass auch der Druck von Eltern und von Pädagogen auf die Pädiater zunehme, mehr Heilmittel an Kinder zu verordnen.

Die Hoffnung allerdings, durch verstärkten Einsatz von Heilmitteln das aufzufangen, was Schule heute vielen Kindern und jungen Menschen aufbürde, sei trügerisch, warnte Büsching.

Besonders bedrückend sei Schule heute für diejenigen 60.000 bis 70 .000 Schüler - das sind etwa zehn Prozent eines Jahrgangs - aus vorwiegend bildungsfernen Familien, die in jedem Jahr die Schule ohne Abschluss verlassen müssen.

Diese Schüler, so kritisierte BVKJ-Bundespressesprecher Dr.Ulrich Fegeler, hätten eine "besonders schlechte Sozialprognose."

Fegeler forderte in Weimar aufsuchende soziale Förderprogramme für diese Schüler und eine entsprechende personelle und finanzielle Ausstattung mit Sozialarbeitern und hierfür qualifizierten Pädagogen an Schulen und auch schon in Kindertageseinrichtungen. (ras)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Hoffen auf Präventionsgesetz

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
7-Jahres-Daten belegen günstiges Nutzen-Risiko-Profil von Ofatumumab

© Vink Fan / stock.adobe.com

Aktive schubförmige Multiple Sklerose

7-Jahres-Daten belegen günstiges Nutzen-Risiko-Profil von Ofatumumab

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

© Dr_Microbe / stock.adobe.com

Entwicklungen in der Therapie neuromuskulärer Erkrankungen

Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Update der Studie EPIsoDE

Psilocybin hält therapieresistente Depressionen ein Jahr lang in Schach

Lesetipps
Warnschild Grippewelle

© nmann77 / stock.adobe.com

ARE in Grafiken

RKI: Grippewelle deutet sich an

Fünf Menschen im Wartezimmer.

© Tyler Olson / stock.adobe.com

Einteilung in fünf Gruppen

Diabetes: Risiken für Komorbiditäten vom Subtyp abhängig

Im Krankenhaus wird der Patient unter Aufsicht eines Radiologen einer CT-Untersuchung unterzogen.

© Valerii Apetroaiei / stock.adobe.com

Vereinfachter Diagnose-Algorithmus

Lungenembolie mit weniger Bildgebung sicher ausschließen