Antikorruptionsgesetz

Montgomery vermisst klare Merkmale einer Straftat

Das Antikorruptionsgesetz kommt offenbar nicht richtig voran. BÄK-Präsident Montgomery fordert mehr Klarheit im Gesetzentwurf.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Klare Sache: Arzt weist Bestechungsversuch mit eindeutiger Geste zurück.

Klare Sache: Arzt weist Bestechungsversuch mit eindeutiger Geste zurück.

© Halfpoint / fotolia.com

BERLIN. Dass das Antikorruptionsgesetz noch im Gesetzgebungsverfahren steckt, feiert Professor Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), schon als Erfolg. Seinen Kollegen rät er, sich künftig in Zweifelsfällen beraten zu lassen.

In Hamburg werden niedergelassene Ärzte bereits auf die neuen Bestechungsparagrafen im Strafgesetzbuch vorbereitet. In Fortbildungsveranstaltungen hören sie Fallbeispiele, bei denen sie zunächst einschätzen müssen, ob diese unter das neue Antikorruptionsgesetz fallen könnten oder nicht.

Die meisten Antworten beim hanseatischen "Wie würden Sie entscheiden" waren nach Aussagen von Montgomery falsch.

Auch wenn an dem ursprünglichen Gesetzentwurf schon nachgebessert wurde, fehlt dem BÄK-Präsidenten immer noch eines in den neuen Normen: Klare Tatbestandsmerkmale, eine Art "Leporello für die Kitteltasche", wie Montgomery auf der Veranstaltung "Medizin und Recht" in Berlin sagte.

Weil Strafbarkeiten nicht eindeutig festgelegt werden, sollten sich seine Kollegen in Zukunft lieber beraten lassen.

"Große Ungleichbehandlung"

Montgomery wiederholte seine Kritik, dass das geplante Gesetz auch an berufsrechtliche Pflichten anknüpfen soll. Diese Verbindung zum Kammerrecht werde von "allen Juristen, außer den Kassenjuristen" kritisch gesehen.

Das Problem sei, dass teilweise nicht nur in den Ärztekammern, sondern auch in den anderen Heilberufen Unterschiedliches geregelt sei. "Das gibt eine große Ungleichbehandlung", so Montgomery.

Vor dem Grundgesetz könne eine solche gesetzliche Regelung keinen Bestand haben.

Der BÄK-Präsident unterstrich, dass die Ärzte ein eigenes Interesse daran hätten, dass Bestechlichkeit auch im niedergelassenen Bereich unter Strafe gestellt wird. "99 Prozent der Ärzte haben es satt, wegen einem Prozent, das sich falsch verhält, wie die Sau durchs Dorf getrieben zu werden", sagte Montgomery.

Er verwies auf Zahlen der DAK-Gesundheit, nach denen es im vergangenen Jahr zwölf Prozent Korruptions-Verdachtsfälle gegen Ärzte gab, aber immerhin 41 Prozent gegen ambulante Pflegedienste.

"Wir Ärzte sind der kleinere Teil, aber in der Öffentlichkeit werden immer wir an den Pranger gestellt", ärgerte sich Montgomery.

Positiv sei, dass das Gesetz für alle Heilberufe gelte und keine Lex specialis nur für Ärzte sei. Immerhin werde nun auch in der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass nach dem Sozialgesetzbuch gewünschte Kooperationen nicht unter den Straftatbestand fallen sollen. Nachzubessern sei aber noch beim angemessenen Strafrahmen.

Gassen kritisiert Versorgungsgesetz

Zuvor hatte Dr. Andreas Gassen, Chef der KBV, dem Versorgungsstrukturgesetz kein positives Zeugnis ausgestellt. Die Selbstverwaltung werde eingeschränkt.

"Und das scheint mir auch kein Versehen zu sein", sagte Gassen. Das Gesamtbild ergebe eine Kurskorrektur in Bezug auf den freien Beruf. "Alle Maßnahmen der letzten 15 Jahre gaben für sich keinen Grund zur Sorge, aber in ihrer Gesamtheit sind sie eine Attacke auf die inhabergeführte ärztliche Versorgung", sagte Gassen.

In den nächsten drei bis fünf Jahren werde sich entscheiden, "in welche Richtung das Gesundheitssystem kippt". Es wäre fatal, "wenn man unser System abfackelt", sagte der KBV-Chef.

Schlagworte:
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ergänzung herkömmlicher Modelle

Kalziumscore verbessert Vorhersage stenotischer Koronarien

Lesetipps
Der papierene Organspendeausweis soll bald der Vergangenheit angehören. Denn noch im März geht das Online-Organspende-Register an den Start.

© Alexander Raths / Stock.adobe.com

Online-Organspende-Register startet

Wie Kollegen die Organspende-Beratung in den Praxisalltag integrieren