Therapie von Flüchtlingen

Ermächtigungen kaum gefragt

Das Interesse an Ermächtigungen für die psychotherapeutische und psychiatrische Versorgung von Flüchtlingen ist in den KVen unterschiedlich groß. Von 60 bis null reicht die Zahl der Anträge, die bislang gestellt wurden.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:

NEU-ISENBURG. Das größte Interesse an einer Ermächtigung zur Versorgung von Flüchtlingen haben bisher Psychotherapeuten und Psychiater in Berlin gezeigt. Mehr als 60 Anträge, so die KV, gingen dort bisher beim Zulassungsausschuss ein, rund 50 Ermächtigungen wurden schon erteilt, kürzlich auch an eine ärztlich geleitete psychosoziale Einrichtung, in der Psychiater und Psychotherapeuten gemeinsam behandeln wollen.

Dagegen musste in Mecklenburg-Vorpommern noch über gar keinen Antrag entschieden werden. In Westfalen-Lippe wurden neun Anträge genehmigt, in Nordrhein und Niedersachsen sechs (vier Verfahren stehen noch aus), in Hamburg zwei, in Bayern wurde einer von drei Anträgen bisher bewilligt, ebenso in Schleswig-Holstein, Bremen und im Saarland. In Hessen muss sich der Ausschuss mit sieben Anträgen befassen. Das ergab eine Umfrage der "Ärzte Zeitung".

Im Mittel dürfte damit die Zahl der Anträge und Ermächtigungen im unteren einstelligen Bereich liegen. Neben den gesetzlichen Vorgaben wird als ein Grund für das "eher geringe Interesse" (KV Westfalen-Lippe) das Problem der Dolmetscherfinanzierung genannt. Bei der Behandlung von Flüchtlingen werden nach 15 Monaten Aufenthalt von der GKV keine Dolmetscherkosten übernommen.

Auch nach den Anschlägen von Würzburg und Ansbach wird das Thema Dolmetscherfinanzierung voraussichtlich nicht auf die politische Agenda gesetzt werden. Die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU, Maria Michalk, sagte der "Ärzte Zeitung", dass dies momentan kein Thema sei.

Der Anschlag in Ansbach sei zum Beispiel von einem Flüchtling begangen worden, der in Behandlung gewesen sei. Das zeige, dass sich solche Taten auch nicht mit einer Therapie verhindern ließen

. Ungeachtet dessen fordert die Bundespsychotherapeutenkammer (BPTK) mehr Anstrengungen, um schon in den Aufnahmeeinrichtungen psychische Auffälligkeiten bei den Flüchtlingen schnell zu erkennen. "In jeder Aufnahmeeinrichtung sollte eine psychotherapeutisch-psychiatrische Sprechstunde eingerichtet werden", so BPTK-Präsident Dr. Dietrich Munz.

Mehr zum Thema

Im parlamentarischen Verfahren

Medizinische Versorgungszentren: Lauterbach will Investoren verbieten

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Inkretinmimetika

GLP-1: Wie aus dem kleinen Hormon ein Rockstar wird

Risikoanalyse

Komplikation nach Hernien-Operation: Wer ist gefährdet?

Lesetipps
Mehrkosten für die Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung seien Investition in den Erhalt der Praxen, betont Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. 

© Michael Kappeler / dpa

Kabinett winkt GVSG durch

Lauterbach macht Hausarztpraxen Mut: „Jede Leistung wird bezahlt“

Brücke zwischen zwei Steilklippen. Auf der Brücke stehen zwei Menschen.

© Usman / stock.adobe.com

Aktuelle Forschung

Antikörper – die Verkuppler der Krebsmedizin

Heiße Nächte können nicht nur nervig sein. Sie gehen auch mit einem höheren Risiko für Schlaganfälle einher, so das Ergebnis einer Studie aus München und Augsburg.

© samuel / stock.adobe.com

Studie mit Daten zu 11.000 Schlaganfällen

Tropische Nächte sind offenbar ein Risikofaktor für Schlaganfälle