KOMMENTAR
Reformen mit Risiken
Mehr Geld, weniger Bürokratie, eine hohe Versorgungsqualität und freie Arztwahl für Patienten - diese Forderungen klingen vertraut. Gestellt werden sie allerdings nicht etwa von deutschen Ärzten, sondern von Haus- und Fachärzten in Österreich.
Dort bringt die von der Regierung geplante Gesundheitsreform die Ärzte auf die Barrikaden. Sie haben einen Krisengipfel einberufen, planen eine Großdemo und sogar Praxisschließungen während der Fußball-EM. Die Ärzte sind sauer. In den letzten zwei Jahren hat sich nur wenig zu ihrem Vorteil bewegt - trotz vieler Verhandlungen mit Politikern. Bereits am Mittwoch soll die Reform vom Ministerrat beschlossen werden.
Österreichs Politiker tun so, als wäre die Gesundheitsreform ein Kinderspiel. Doch eigentlich bräuchten sie dringend politische Nachhilfe. Nur: woher? Ein Blick in die Nachbarländer zeigt: Von dort kann Nachhilfe nicht kommen.
In der Schweiz droht eine Machtverschiebung zugunsten der Krankenkassen, in Frankreich hat die Regierung - wieder einmal - den Rotstift im Gesundheitswesen angesetzt. Und in Deutschland ist spätestens seit dem Ärztetag in Ulm klar: Politiker können Reformen auch ohne ehrliche Diskussionen über Unterfinanzierung und heimliche Rationierung durchsetzen - und ohne darauf zu hören, was Ärzte zu sagen haben. Der Preis allerdings ist hoch: Auf der Strecke bleibt die qualifizierte Versorgung auf hohem Niveau.
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