Tod eines Kleinkindes in der Notaufnahme erschüttert Schweizer

BERN (ine). In der Schweiz stehen die Notfalldienste in der Kritik. Bemängelt wird vor allem die Überlastung des Personals in den Kliniken. Hintergrund ist der Tod eines vier Jahre alten Mädchens. Es war Ende Dezember vergangenen Jahres gestorben, nachdem es kurz zuvor auf der Notfallstation einer Klinik behandelt worden war.

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In Schweizer Kliniken, wie hier am Luzerner Kantonsspital, gibt es insgesamt 150 Notfallstellen. Dort werden jährlich über 300 000 Patienten behandelt.

In Schweizer Kliniken, wie hier am Luzerner Kantonsspital, gibt es insgesamt 150 Notfallstellen. Dort werden jährlich über 300 000 Patienten behandelt.

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Das Kind war von den Eltern mit Fieber in das Zentrumsspital Aarau im Kanton Solothurn gebracht worden. Es bekam dort nach Angaben der Klinik ein Fieberzäpfchen. Die Schilderungen der Eltern und auch der klinische Zustand des Mädchens hätten auf einen viralen Infekt gedeutet.

"Deshalb wurde das Kind nach Hause entlassen", heißt es in der Mitteilung des Spitals. 13 Stunden später meldete die Familie der Klinik, dass das Kind nicht mehr ansprechbar sei, und alarmierte den Rettungsdienst. Die Ärzte konnten daraufhin nur noch den Tod feststellen.

Derzeit wird der Fall von den Solothurner Behörden untersucht. Die Spitalärzte vermuten, dass es sich bei der Todesursache um eine schwere Sepsis handelt, ausgehend von einer bakteriellen Infektion der Atemwege. Zum Zeitpunkt des Aufenthalts auf der Notfallstation seien solche Symptome nicht erkennbar gewesen.

Der Fall des Kindes beschäftigt die Medien. "Notfalldienste am Limit - es drohen Behandlungsfehler" titelte etwa der "Tagesanzeiger". Über 300 000 Patienten müssten jedes Jahr in den 150 klinischen Notfallstellen der Schweiz behandelt werden. Dies bringe das System an seine Grenzen, heißt es bei der Schweizerischen Gesellschaft für Notfall-und Rettungsmedizin (SGNOR).

Überfüllte Warteräume und lange Aufenthaltszeiten führten zu Stress unter den Beschäftigten. Ein großes Problem sei auch die steigende Zahl an Selbsteinweisern. Viele Patienten gingen abends oder am Wochenende direkt und ohne vorher einen Hausarzt konsultiert zu haben in die Notfallabteilungen der Kliniken. Nach Angaben des "Tagesanzeigers" sind mehr als 50 Prozent der Notfälle in den Spitälern Selbsteinweiser.

Gut geschultes Personal soll Qualität verbessern

Die Notfallstationen an Schweizer Kliniken sollen unter anderem durch den Einsatz von qualifiziertem Personal wieder auf Vordermann gebracht werden. Ein entsprechender Vorstoß der SGNOR für ein Weiterbildungsprogramm für Ärzte in der Klinischen Notfallmedizin ist kürzlich von der Schweizer Ärztegesellschaft (FMH, Fédération des médicins suisses) verabschiedet worden. Diese Weiterbildung richtet sich an Fachärzte in Notfallstationen. "Sehr stark werden darin die Kompetenzen zur interdisziplinären Zusammenarbeit und Kooperation sowie die Belastbarkeit in Ausnahmefällen gefördert", heißt es bei der SGNOR.

Notfallmedizin in Deutschland

Eigene Fachärzte für Notfallmedizin sollen auch in Deutschland künftig Leben retten. Im April vergangenen Jahres hat die Deutsche Gesellschaft Interdisziplinäre Notfallaufnahme (DGINA) einen entsprechenden Antrag auf die Einführung des Facharztes für Notfallmedizin bei der Bundesärztekammer (BÄK) eingereicht (wir berichteten). Die BÄK berät derzeit darüber. Frühestens beim diesjährigen Deutschen Ärztetag könne über den Antrag beraten werden, heißt es in einem Schreiben der Bundesärztekammer an die DGINA. Der neue Facharzt sei erforderlich, um eine qualifizierte klinische Versorgung flächendeckend sicherzustellen. (ine)

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