Ambulante Facharztversorgung in der Bredouille

BREGENZ (fuh). Die Folgen der Wirtschaftskrise treffen nicht nur die Gesundheitsversorgung in Deutschland. Auch in Österreich und der Schweiz werden wachsende Finanzprobleme erwartet.

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Diskutieren über deutsche und österreichische Versorgung: Hermann-Josef Arentz (l).; Dr. Clemens Martin Auer.

Diskutieren über deutsche und österreichische Versorgung: Hermann-Josef Arentz (l).; Dr. Clemens Martin Auer.

© Foto: M. Welß

Auf das Gesundheitswesen in Österreich kommen schwere Zeiten zu. Das räumte Dr. Clemens Auer, zentraler Koordinator im Gesundheitsministerium der Alpenrepublik, beim Forum "Gesundheitspiazza" in Bregenz ein.

Auer, der zu den Architekten der österreichischen Gesundheitsreform 2004/2005 gehört, ließ keinen Zweifel: Erstmals seit 1945 sei in diesem Jahr mit einem Nullwachstum zu rechnen. Und 2010 werde sogar deutlich weniger Geld im Versorgungssystem sein.

Der Ministeriumsvertreter aus Wien sieht das mit einem lachendem und einem weinendem Auge. "Der Leidensdruck ist jetzt groß genug. Das könnte eine Chance sein, in unserem Gesundheitssystem längst fällige Optimierungen von Prozessen anzugehen." Auer nannte in diesem Zusammenhang Präoperative Diagnostik, Hochtechnologie und eine bessere Nutzung der Informationstechnologie.

Die Einzelordination - und dies gelte insbesondere für die Facharztversorgung, habe keine Zukunft mehr, analysierte er. "Wenn ich am Freitag nachmittag in Wien einen ambulanten Facharzt suche, dann werde ich keinen finden. Die sitzen bei schönem Wetter dann schon in der Sonne. Ich muss dann in die Klinik, und das ist ein Skandal."

"Das wird ihnen auch in Berlin oder München passieren", so Moderator Hermann-Josef Arentz aus Deutschland, der von 1987 bis 2005 Vorsitzender des Bundesfachausschusses Gesundheits- und Sozialpolitik der CDU war und heute als Consultant arbeitet.

Auer und Arentz waren sich mit Blick auf die Chancen von Medizinischen Versorgungszentren einig. "MVZ gehören zu den wenigen strukturpolitischen Fortschritten in den vergangenen Jahren", sagte Arentz. "Wir können da viel von Deutschland lernen", stellte der Vertreter aus Wien klar.

Etwas anders die Situation in der Schweiz: "Uns geht's wahnsinnig gut" sagte Dr. Thomas Zeltner, der seit 1991 Direktor des Schweizer Bundesamts für Gesundheit in Bern ist. Dabei hatte er noch wenige Tage vorher in einem Interview klargestellt, dass die Krankenkassen-Prämien in der Eidgenossenschaft im nächsten Jahr stark steigen werden.

Seine Sorgen fokussiert Zeltner eher auf ein anderes Problem: "Werden wir in zwanzig oder dreißig Jahren noch genügend gut ausgebildete Ärzte und Pfleger haben?" Die Schweiz sei bereits heute auf das Rekrutieren von Fachkräften aus dem Ausland angewiesen. Zeltner: "Das wird sich in Zukunft leider kaum ändern".

Dann wird der Chef des Bundesamts aber keine politische Verantwortung mehr haben. "Seit ich im Amt bin, ist die Lebenserwartung in der Schweiz um acht Jahre gestiegen", so seine stolze Bilanz beim Forum in Bregenz. Frage von Moderator Arentz: "Wie lange wollen Sie denn noch machen?" Zeltner: "Ich höre Ende des Jahres auf."

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