Schweiz öffnet Grenzen für Fachärzte

Die Schweiz lässt wieder mehr Ärzte ins Land: Die Eidgenossen hoben den Zulassungsstopp für Fachärzte auf. Das bietet auch deutschen Ärzten die Möglichkeit, sich im Alpenland niederzulassen.

Von Sabine Schiner Veröffentlicht:
In der Schweiz weht für Ärzte ein frischer Wind auf dem Arbeitsmarkt in Praxis und Klinik.

In der Schweiz weht für Ärzte ein frischer Wind auf dem Arbeitsmarkt in Praxis und Klinik.

© Sebastian Kaulitzki/fotolia.com

BERN. Jahrelang gab es in der Schweiz einen Zulassungsstopp für Ärzte. Seit anderthalb Jahren gilt diese Regel für Hausärzte nicht mehr, und seit diesem Jahr ist die Beschränkung für Fachärzte aufgehoben.

 Davon profitieren auch deutsche Ärzte, die sich niederlassen wollen.

Der Zulassungsstopp war 2002 vom Bundesrat eingeführt worden. Einer der Hauptgründe war, die Kosten im Gesundheitswesen zu kontrollieren und zudem Ärzte aus der EU daran zu hindern, sich in der Schweiz niederzulassen.

Zulassung fast nur bei Praxisübernahmen

Für Haus- und Fachärzte gab es damit nur wenige Möglichkeiten, um sich mit einer eigenen Praxis selbstständig zu machen. In der Regel - jeder Kanton war unterschiedlich streng - bekamen sie von den Behörden die Zulassung nur, wenn sie eine bestehende Praxis übernahmen oder sie die Praxis in einem unterversorgten Gebiet eröffnen wollten.

Dieses enge Korsett fällt seit 1. Januar nun auch für Fachärzte weg.

Das heißt für Mediziner aus dem Ausland: Sie müssen sich ihr Arztdiplom und den Weiterbildungstitel bei der Medizinalberufekomission (MEBEKO) des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) in Bern anerkennen lassen und danach die Berufsausübungsbewilligung beim jeweiligen Kanton beantragen.

Dazu müssen unter anderem ein Führungszeugnis und den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung vorlegen.

Hat man die Bewilligung in der Tasche, braucht, wer sich als Kassenarzt niederlassen und damit Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung abrechnen will, nur noch eine Zahlstellenregisternummer, die er beim Krankenversicherern Santésuisse (www.sasis.ch) bekommt.

Das vereinfachte Prozedere werde, so die Kritik von Carlo Conti, Präsident der Berner Gesundheitsdirektorenkonferenz - in ihr sind die Gesundheitspolitiker aller 26 Kantone vertreten - zunehmend auch ausländische Spezialisten in die Schweiz locken. Er warnt vor einer Ärzteschwemme und steigenden Kosten.

Seit dem 1. Januar seien vor allem in Basel-Stadt, Genf und im Tessin die Zahl der Bewilligungsanträge gestiegen. Auch der Verband der Zürcher Spitalärzte fürchtet die Konkurrenz aus dem Ausland: Er hat seine Mitglieder dazu aufgerufen, möglichst rasch selbst eine Bewilligung zu beantragen - bevor es andere tun.

Lebensqualität und niedrige Steuersätze ziehen Ärzte an

Die Schweiz ist bei Ärzten in der gesamten EU beliebt. Viele schätzen die Lebensqualität und die niedrigen Steuersätze im Alpenland. Allein im vergangenen Jahr haben sich nach einer Statistik der Schweizer Medizinalberufekommission knapp 2000 Ärzte aus dem Ausland ihr Diplom anerkennen lassen.

Das sind 30 Prozent mehr als im Vorjahr.Darunter sind viele Deutsche, die meisten arbeiten in Schweizer Kliniken. Mit der Aufhebung des Zulassungsstopps rechnet der Krankenkassenverband Santésuisse nun auch mit einer Zunahme von frei praktizierenden ausländischen Fachärzten.

Weniger begehrt ist hingegen - sowohl bei Schweizer Ärzten als auch bei Ärzten aus dem Ausland - die Niederlassung als Hausarzt. Dabei werden Hausärzte händeringend gesucht. Nach einer Studie der Universität Basel gehen bis zum Jahr 2016 etwa die Hälfte der derzeit praktizierenden Hausärzte in Pension.

Nachwuchs ist vor allem in ländlichen Gebieten nicht in Sicht. Im Kanton Bern gibt es nach Medienberichten bereits in einigen Regionen Wartelisten für Patienten.

Vertreter der Organisation der Jungen Hausärztinnen und Hausärzte in der Schweiz (JhaS) klagen über lange Arbeitszeiten mit vielen Notfalldiensten, geringe Verdienstmöglichkeiten, zu wenig Zeit fürs Familienleben und eine mangelhafte Aus- und Weiterbildung. Das Netzwerk will sich dafür einsetzen, dass der Beruf des Hausarztes in der Schweiz wieder attraktiver wird.

Auch die Volksinitiative "Ja zur Hausarztmedizin" setzt an diesem Punkt an. "Solange ein Spezialist doppelt so viel verdient wie ein Hausarzt, haben wenige Studenten Lust, Hausarzt zu werden", sagte kürzlich Peter Tschudi, Professor für Hausarztmedizin an der Uni Basel der "Tageswoche". Er fordert ein hausarztfreundliches Tarifsystem und die Verankerung der Hausarztmedizin in der Bundesverfassung.

Lesen Sie dazu auch: Schweiz: Mieter leben günstiger als Immobilienkäufer Schweiz öffnet Grenzen für Fachärzte Niedrige Courtage und Maklergebühr in der Schweiz Fallpauschalen in Schweizer Kliniken eingeführt Seminare bereiten Ärzte aufs Arbeiten im Ausland vor

Mehr zum Thema

Kritik an „Suizidtourismus“ in den USA

Mehrere US-Bundesstaaten wollen Beihilfe zum Suizid erlauben

„Mehr Ernsthaftigkeit“ nötig

Drogenbeauftragter für härteren Kurs gegen das Rauchen

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“