Darmkrebs

Welche Screening-Strategie ist optimal?

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Viele Staaten haben ein Programm zum Darmkrebs-Screening etabliert. Die angebotenen Leistungen und die Anforderungen an die Durchführung sind unterschiedlich.

Von Friederike Klein

Gestielter Darmpolyp - ein häufiger Koloskopie-Befund.

Gestielter Darmpolyp - ein häufiger Koloskopie-Befund.

© Davorin Wagner / Chirurgie im Bild

BERLIN. In puncto Darmkrebs hat Großbritannien bereits ein populationsbasiertes Screening, die Niederlande wollen es dieses Frühjahr einführen, berichtete Björn Rebacken aus Leeds, Großbritannien, bei der United European Gastroenterology Week (UEGW) 2013 in Berlin.

Beiden Programmen gemeinsam seien hohe Anforderungen an die beteiligten Ärzte und Institutionen. Nach Ansicht von Rebacken sollten Ansprache und Aufklärung über das Screening durch die akkreditierten Zentren selbst geschehen.

An jeden Schritt des populationsbasierten Darmkrebs-Screenings, beginnend von Ansprache und Aufklärung an, würden in Großbritannien hohe Ansprüche gestellt, bestätigte Roger J. Leicester vom nationalen Trainings- und Darmkrebs-Screeningzentrum in London.

Dabei zählten klinische Qualitätskriterien ebenso wie patientenrelevante Kriterien: Daten zur Qualitätssicherung werden bei einem persönlichen Audit überprüft, das zu akkreditierende Zentrum muss genügende Kapazitäten für die Teilnahme am Screening und akkreditierte Koloskopie-Ärzte vorhalten.

Termin innerhalb von sechs Wochen

Ziel ist, einen Termin in dringenden Fällen innerhalb von zwei Wochen zu gewährleisten, bei Routineendoskopien und Koloskopien zur Überwachung innerhalb von maximal sechs Wochen. Teilnehmende Ärzte müssen über eine Erfahrung von mindestens 1000 Koloskopien verfügen und pro Jahr mindestens 150, besser 200 Koloskopien durchführen.

Die Zulassung zum Screening umfasst auch eine Wissensprüfung und eine praktische Überprüfung (DOPS), die alle Schritte von der Kommunikation mit dem Patienten und der Aufklärung über Sicherheitskriterien und Sedierung, die eigentliche Endoskopie und diagnostische und therapeutische Fähigkeiten beinhaltet.

Von 2014 bis 2016 wird in Großbritannien für alle 55-Jährigen auch eine einmalige flexible Sigmoidoskopie (FS) als Screeningprogramm angeboten.

Mehrere Studien mit freiwilligen Teilnehmern hätten bei Anwendung dieser Screening-Methode einen Rückgang der Inzidenz des kolorektalen Karzinoms und der krankheitsspezifischen Mortalität ergeben, hieß es in Berlin.

Jetzt belegt auch eine populationsbasierte Studie in mehreren schwedischen Regionen diesen Vorteil, wie Oyvind Holme aus Oslo berichtete.

Sigmoidoskopie als Alternative

Für diese Studie wurden in den Jahren 1999 und 2000 dort alle Personen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren zum Darmkrebs-Screening auf Basis einer flexiblen Sigmoidoskopie eingeladen. 41.913 Personen, die dieses Angebot nicht annahmen, stellten die Kontrollgruppe, die übrigen die Interventionsgruppe.

Sie umfasste 6915 Personen, die sich zum Screening einer flexiblen Sigmoidoskopie unterzogen, und 6900 Personen, die diese Untersuchung nach einem positiven FOBT-Befund vornehmen ließen.

Nach einer medianen Beobachtungszeit von 11,8 Jahren ergab die kombinierte Auswertung von Populations-, Krebs- und Sterberegister der Regionen einen Rückgang der CRC-Inzidenz von 170,8 Fällen pro 100.000 Personenjahre in der Kontrollgruppe auf 141,0 Fälle pro 100.000 in der Screening-Gesamtgruppe (minus 17 Prozent) sowie eine entsprechende Abnahme der CRC-Mortalität von 54,1 auf 38,6 pro 100.000 Personenjahre (minus 29 Prozent).

Diese Reduktion entspricht sehr gut den Ergebnissen der nicht populationsbasierten Studien. Wie dort verringerte sich die Gesamtmortalität durch das Screening aber nicht.

Patienten erwarten vom Darmkrebs-Screening ein sicheres Erkennen von Krebs und Krebsvorstufen wie auch eine möglichst hohe Sicherheit. In Studien wurden von über 30 Prozent bei der Koloskopie übersehener Karzinome berichtet.

Die Rate der Patienten, bei denen nach und trotz Screening-Koloskopie ein kolorektales Karzinom diagnostiziert wird, liege in Großbritannien derzeit bei etwa acht Prozent, berichtete Robert Valori aus Gloucester, Großbritannien. Als Ziel nannte er eine Rate von drei Prozent.

330°-Sicht mit FUSE

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Eine technische Unterstützung, um dieses Ziel zu erreichen, erwartet Valori vom "Full spectrum Endoskop" (FUSE), das eine 330°-Sicht ermöglicht. Über drei Monitore kann der Untersucher nicht nur geradeaus, sondern gleichzeitig auch rechts und links blicken.

Ian M. Gralnek aus Los Angeles, CA/USA, stellte in Berlin Ergebnisse einer randomisierten Studie zum Vergleich von FUSE und der Koloskopie mit normaler, nach vorne gerichteter Optik im Tandemdesign vor.

Von 185 im Median 55,8 Jahre alten Teilnehmern nahmen 103 im Rahmen des Darmkrebs-Screenings teil, 36 zur Überwachung von Polypen und 46 zur diagnostischen Abklärung. Jeder Studienteilnehmer wurde mit beiden Techniken untersucht.

Weniger Adenome verpasst

Durch FUSE wurden 69 Prozent zusätzliche Adenome entdeckt, durch die Standardmethode 8,1 Prozent (p 0,0001). Umgekehrt verpasste die Untersuchung mit FUSE nur 7,5 Prozent der Adenome, die Standardmethode aber 40,8 Prozent (p 0,0001).

Dabei handelte es sich bei 15 Patienten um 20 meist sessile Adenome. 14 dieser Adenome waren 1 bis 5 mm groß, fünf aber auch 6 bis 9 mm und ein Adenom über 10 mm. Die FUSE-Untersuchung führte aufgrund der höheren Detektion von Adenomen zu einer Verkürzung der Koloskopie-Intervalle bei 8 Prozent aller Patienten und bei 33 Prozent der Patienten, die zur Surveillance teilgenommen hatten.

Wegen der hohen zusätzlichen Detektionsrate hält Gralnek FUSE für einen wesentlichen Schritt, um Intervall-Karzinome zu verhindern.

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