Peru

Arzt vor Ort? Keine Chance!

Obwohl Peru reich an Bodenschätzen ist, lebt ein Drittel der Bevölkerung in Armut. Jeder Zehnte gilt sogar als extrem arm. Das spiegelt sich auch in der Versorgung wider: Die Statistik belegt: 60 Prozent der Kommunen haben keinen Zugang zu Gesundheitseinrichtungen.

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Volkswirtschaftlich gesehen wird Peru zu den Schwellenländern gezählt. Das Land mit 30 Millionen Einwohnern ist reich an Bodenschätzen wie Gold, Silber und Kupfer, das Bruttoinlandsprodukt lag im Jahre 2014 bei 204 Milliarden US-Dollar, die Wirtschaft wächst jährlich um zwei bis drei Prozent.

Doch Armut ist nach wie vor weit verbreitet: Ein Drittel der Bevölkerung gilt als arm, jeder zehnte Einwohner als extrem arm. Schätzungsweise 1,6 Millionen Kinder müssen arbeiten. Ein großer Teil der Bevölkerung hat keinen Zugang zu fließendem Wasser, Kanalisation und Abwasserbehandlung sind sehr häufig nicht vorhanden.

Insbesondere die Menschen indianischer Abstammung – sie machen knapp die Hälfte der Bevölkerung Perus aus – werden noch immer diskriminiert. Dies spiegelt sich auch in der Gesundheitsversorgung wider. Ein nationaler Zensus im Jahr 2007 hat ergeben, dass fast 60 Prozent der erfassten Gemeinden keinen Zugang zu gesundheitlichen Einrichtungen hat.

"Von denen, die über eine solche verfügen, haben 45,4 Prozent nicht mehr als eine Erste-Hilfe-Station", berichtet Amnesty International (AI) unter Berufung auf offizielle Zahlen des peruanischen Gesundheitsministeriums. Nur elf Prozent der Menschen haben Zugang zu einer Ambulanz.

Nach WHO-Angaben kommen auf 10.000 Einwohner 15 Krankenhausbetten, 11,7 Ärzte sowie 6,7 Krankenschwestern und Hebammen. Diese sind zudem sehr ungleich verteilt: Die ländliche Bevölkerung ist in Bussen oft tagelang unterwegs, um ein Krankenhaus erreichen zu können. Mangelnde Bildung, fehlende Transportmöglichkeiten und die große Armut verhindern zusätzlich, dass Gesundheitseinrichtungen, etwa zur Schwangerschaftsvorsorge, aufgesucht werden.

So verwundert es nicht, dass Peru nach offiziellen Zahlen eine Müttersterblichkeit von 185 pro 100.000 Geburten zu beklagen hat, hauptsächlich aufgrund von Blutungen und Präeklampsien. Die Neugeborenensterblichkeit soll inzwischen gesunken sein und bei 17 von 1000 Säuglingen liegen. Es wird darüber berichtet, dass die geburtshilfliche Schulung des medizinischen Personals nicht ausreichend sei. 36 Prozent der Frauen aus den ärmsten Gesellschaftsschichten haben laut AI zwischen 2002 und 2007 ihr Kind in einer medizinischen Einrichtung geboren, bei Frauen aus reichen Regionen sei dies dagegen bei 98 Prozent der Fall.

Hinzu kommt eine Sprachbarriere: Viele der Quechua und Aymará sprechenden Indianer beherrschen nicht die Amtssprache Spanisch. Ärzte und Hebammen wurde zwar ein Sprachtraining angeboten, dies wird jedoch nur selten in Anspruch genommen. Dr. Klaus John von Diospi Suyana, der seit 13 Jahren in Peru lebt und arbeitet, formuliert es drastisch: "Die Indianer werden behandelt wie Hunde." Während der 1990er-Jahre sollen etwa 200.000 Frauen im Rahmen eines Programms zur Geburtenkontrolle zwangssterilisiert worden sein, vor allem Kleinbäuerinnen und Indigene, offenbar teils unter Androhung von Geld- und Gefängnisstrafen oder dem Aussetzen von Lebensmittelhilfen. Juristisch ist diese Menschenrechtsverletzung nach wie vor unzureichend aufgearbeitet.

Nichtsdestoweniger versucht die Regierung seit einigen Jahren, Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung umzusetzen. So ist im Jahr 2010 eine allgemeine Krankenversicherung eingeführt worden. (ner)

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