Gewerkschaften

Verdi-Chef gegen Tarifeinheit

Schon die schwarz-gelbe Vorgängerregierung ließ das Vorhaben fallen: Ein Gesetz, das nur der mitgliederstärksten Arbeitnehmerorganisation in einem Unternehmen das Streikrecht zugesteht. Jetzt gibt es wieder massiven Widerstand - erneut aus dem Gewerkschaftslager.

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BERLIN. Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, stellt sich quer: Den Plänen von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), den Einfluss von Spartengewerkschaften zu begrenzen, erteilte er eine eindeutige Absage.

"Das Streikrecht ist ein Grundrecht, deshalb lehnen wir jeden gesetzlichen Eingriff ab", sagte Bsirske der "Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen" mit Blick auf den aktuellen Tarifkonflikt zwischen der Pilotenvereinigung Cockpit und Lufthansa.

Seine Gewerkschaft stehe daher der von Nahles geplanten Gesetzesinitiative "kritisch und ablehnend gegenüber".

"Die Tatsache, dass Verdi die Mehrheit der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten im Lufthansa-Konzern stellt, kann nicht dazu führen, die Pilotenvereinigung Cockpit kaltzustellen. Wir stehen nicht dafür zur Verfügung, Tarifverträge von Cockpit zu unterbieten. Denn dann würden wir uns ja zu Handlangern der Arbeitgeber machen", stellte der Verdi-Chef klar.

Verfassungsrechtliche Bedenken

Eine Ministeriumssprecherin sagte auf dpa-Anfrage, derzeit befinde sich das Vorhaben noch in der Prüfung. Es handele sich um ein "kompliziertes Thema, bei dem wir eine Lösung finden müssen, die allen Seiten gerecht wird und praktikabel ist".

Für Bsirske gibt es erhebliche Zweifel, "dass ein solches Gesetz verfassungsrechtlich Bestand hätte. Und es wäre absurd, um beim Beispiel Lufthansa zu bleiben, dass Verdi für die Piloten Tarifverträge machen soll, die nahezu komplett in einer anderen Gewerkschaft organisiert sind."

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag ist ein Gesetz zur Tarifeinheit angekündigt. Es soll sicherstellen, dass in einem Betrieb künftig nur ein Tarifvertrag gilt - und zwar jener der mitgliederstärksten Gewerkschaft.

Dies soll der Zersplitterung der Tariflandschaft und Streik-Kaskaden einen Riegel vorschieben. Dies zielt auch auf Gewerkschaften wie die der Lokführer und der Klinikärzte.

Im November 2010 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schon einmal ein Gesetz zur Tarifeinheit angekündigt. Bei der Ankündigung blieb es, weil die FDP als damaliger Koalitionspartner dagegen war.

Aber auch das Gewerkschaftslager zeigte Risse: Verdi scherte im Mai 2011 aus der DGB-Front aus und beendete damit den Schulterschluss mit den Arbeitgebern für das damals noch gemeinsame Projekt Tarifeinheit. (dpa)

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