Köhler: Hausarzt als Lotse im Heim kostet extra

Die Pflegereform zwingt Ärzte und Kassen an den Verhandlungstisch: Sie sollen die ambulante ärztliche Versorgung in Heimen neu aufstellen. Für den möglichen Mehraufwand fordern die Ärzte mehr Geld. Die Kassen sind dagegen.

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Die Menschen in Pflegeheimen sollen eine bessere ambulante ärztliche und pflegerische Versorgung erhalten.

Die Menschen in Pflegeheimen sollen eine bessere ambulante ärztliche und pflegerische Versorgung erhalten.

© JIRI / mauritius images

BERLIN (af). Krankentransporte, Krankenhausaufenthalte und Polypharmazie vermeiden: Mit diesen Zielen will die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die ärztliche Versorgung in Pflegeheimen neu aufstellen.

Die KBV prescht mit einem Versorgungskonzept zur "ärztlichen Teambetreuung in Pflegeeinrichtungen" vor. Dafür gibt es im Kabinettsentwurf des Pflege-Neuausrichtungsgesetzes (PNG) einen Auftrag des Gesetzgebers.

KBV, GKV-Spitzenverband und die Bundesverbände der Pflege sollen bis zum 30. September 2013 im Kollektivvertrag Vereinbarungen zur Verbesserung der ärztlichen und pflegerischen Versorgung von Patienten in stationären Pflegeheimen treffen.

Bis dahin steht den Verhandlern von Ärzten und gesetzlichen Krankenkassen aber ein weiter Weg bevor. Ihre Positionen in der Frage, wie die Qualität der ambulanten ärztlichen und pflegerischen Versorgung in Pflegeheimen verbessert werden könnte, liegen aber noch weit auseinander. Zankapfel ist wie so oft die Vergütung.

Ärzte als Lotsen

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat am Montag erste Impulse in die bevorstehende Debatte eingespeist. Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die gesetzlichen Kassen sollen demnach auf der Grundlage einer Manteltariferweiterung Verträge innerhalb des Kollektivvertragsgeschehens zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung in Heimen abschließen können.

In der Regel der Hausarzt soll mit dem Pflegepersonal vor Ort eng zusammenarbeiten und die Versorgung seines Patienten insbesondere im Hinblick auf die fachärztliche Betreuung, Rehabilitation und die ambulante Palliativversorgung koordinieren.

Diese Lotsenfunktion könne auch von Fachärzten wahrgenommen werden, betonte Dr. Bernhard Gibis von der KBV-Vertragswerkstatt. Gedacht sei dabei vor allem an die Urologen, die Gynäkologen, Dermatologen sowie Nervenärzte und Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie.

Die freie Arztwahl solle nicht eingeschränkt werden. Die KBV plädiert zudem für regionale Öffnungsklauseln. Konkurrenz zu bereits bestehenden Lösungen soll es nicht geben. Teamorientierte Ansätze praktizieren schon heute einige AOKen.

Wo es diese nicht gibt, sollen neue Vereinbarungen greifen. Demnach sollen die teilnehmenden Haus- und Fachärzte zum Beispiel auch pflegende Angehörige anleiten, regelmäßig nach ihren Patienten sehen und untereinander die Arzneimitteltherapie abstimmen. Die betreuenden Teams sollen gut erreichbar sein, in einer fortgeschrittenen Stufe bis hin zu rund um die Uhr.

Rund 30 Millionen Euro im Jahr zusätzlich gefordert

Die KBV sieht in ihrem Konzept Einsparpotenziale für die Krankenversicherung. Die Ärztevertreter rechnen unter anderem mit weniger Krankentransporten und vermeidbaren Krankenhauseinweisungen. Ihren Mehraufwand sollen die Ärzte vergütet bekommen, fordern Ärztevertreter.

KBV-Chef Dr. Andreas Köhler rechnet für die Mehrleistungen, die von Ärzten in der Teambetreuung zu erbringen sind, mit rund 30 Millionen Euro im Jahr zusätzlich zur morbiditätsorientierten Gesamtvergütung.

Diese Mehrleistungen für rund 700.000 Patienten in Pflegeheimen bestünden in den Koordinierungsbeiträgen des Arztes, in der Rufbereitschaft und in Wegepauschalen. Die vorgeschlagenen Leistungen seien im EBM bisher nicht richtig abgebildet, heißt es in dem Konzept.

Das sehen die Verhandlungspartner beim Spitzenverband Bund der Kassen anders: Die KBV solle die ambulante Versorgung von Heimbewohnern ohne weitere Forderungen sicherstellen, forderte Verbandssprecher Florian Lanz am Montag.

"Denn auch dafür sind die über 30 Milliarden Euro, die aus den Portemonnaies der Beitragszahler für Arzthonorare aufgegeben werden." Und Geld erhalte die Ärzteschaft genug, so Lanz.

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