Wettbewerb ist Ansichtssache

Das Versorgungsgesetz ist seit drei Wochen in Kraft - dennoch wird es noch immer kontrovers diskutiert. Die Interpretation ist offenbar Auslegungssache: Fachleute sind sich uneins, wie viel Wettbewerb im Gesetz wirklich steckt.

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BERLIN (af). Kaum Impulse für den Wettbewerb, zu viel Einfluss für die Bundesländer: Das Versorgungsstrukturgesetz (VSG) stößt im Gesundheitswesen weiter auf Kritik - auch drei Wochen, nachdem es in Kraft getreten ist.

Die Bedarfsplanung kehrt in die Regionen zurück.

Die Bedarfsplanung kehrt in die Regionen zurück.

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Immerhin: "Maßvoll gut" nannte der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Frank Ulrich Montgomery, das Paragrafenwerk beim Kongress des Bundesverbandes Managed Care am Dienstag in Berlin.

Darin steckten Chancen, dem Ärztemangel auf dem Land zu begegnen und im Verein mit der Novelle der Approbationsordnung junge Mediziner für den Hausarztberuf zu begeistern.

Länder nun "player", aber keine "payer"

Die Regionalisierung der Bedarfsplanung nannte Montgomery "klug". Konkret störten ihn die erweiterten Beteiligungsmöglichkeiten der Länder in der Selbstverwaltung. "Die Länder sind nicht gerade die Ausbünde höchster Kompetenz im Gesundheitswesen", sagte Montgomery.

Das Gesetz sieht unter anderem ein Mitberatungsrecht der Länder im Gemeinsamen Bundesausschuss bei der Bedarfsplanung vor.

Barmer GEK-Vize Dr. Rolf-Ulrich Schlenker stieß in dasselbe Horn wie Montgomery: Die Länder wollten nun "player" sein, aber keine "payer". Das Gesetz setze weitgehend nicht auf Wettbewerb, kritisierte Schlenker.

Das sah Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Flach (FDP) anders. Das Finanzierungsgesetz, das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz, das Versorgungsstrukturgesetz und das Patientenrechtegesetz schüfen wettbewerbliche Bedingungen zum Wohle der Patienten, sagte Flach.

Als ein Beispiel nannte sie die neuen Möglichkeiten der Kassen, Satzungsleistungen auszuweiten, um sich von Mitbewerbern abzuheben. Sie sehe voraus, dass die Versicherten mit den Füßen über die Zukunft der Kassen abstimmten, sagte Flach. Wettbewerbsstarke Kassen stellten ihre Angebote bereits darauf ab.

Die Wahrnehmung von Barmer GEK-Vize Dr. Rolf-Ulrich Schlenker ist eine andere. Dabei handele es sich um ein Danaergeschenk.

Grund: Das auf Qualitätssicherung so erpichte Gesetz lasse damit die Teilnahme von für die Versorgung nicht zugelassenen Leistungserbringern zu. Im Sinne der Patienten? fragte Schlenker.

Klinikvertreter: Neue Versorgungsform beschneide die Möglichkeiten

Dass niedergelassene Ärzte und ihre Kollegen in Krankenhäusern nun in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung gegeneinander antreten können, führe zu einer Verbesserung des individuellen Gesundheitszustandes der Patienten, war eine weitere These von Flach.

Dem wiederum widersprach ein Klinikvertreter. Die neue Versorgungsform beschneide die Möglichkeiten der Krankenhäuser. "Wettbewerb ist nicht gewünscht", sagte Volker Feldkamp von der Rhön Klinikum AG.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, sah darin dagegen eine "vernünftige Reduktion", die Verdrängungswettbewerb unterbinde.

Den Wandel von der Gesundheitspolitik auf Basis der Ideen der katholischen Soziallehre oder der Sozialdemokratie hin zur liberalen Philosophie bewerteten die Kongressteilnehmer in einer nicht repräsentativen Ted-Umfrage eher verhalten.

Die Lösungen der schwarz-gelben Gesetzgebung erhielten dabei etwas weniger Stimmen als die konservativeren Antwortvarianten.

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