Migranten wissen zu wenig über Diabetes

Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede - viele Migranten verstehen ihre Diabeteserkrankung nicht. Maßgeschneiderte Schulungen sollen Patienten im Umgang mit der Krankheit helfen.

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Migrationshintergrund? Dann brauchen Patienten womöglich eine andere Ansprache.

Migrationshintergrund? Dann brauchen Patienten womöglich eine andere Ansprache.

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BERLIN (sun). Etwa 15 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland sind an Diabetes mellitus erkrankt. Das sind prozentual doppelt so viele wie bei den Deutschen, warnen Experten.

Gründe für dieses Phänomen seien zurzeit noch unbekannt, sagte Adrianus van de Roemer vom Institut für Didaktik in der Medizin aus Michelstadt bei einer Veranstaltung in Berlin. Ernst nehmen müsse man es trotzdem.

Viele Menschen mit Migrationshintergrund wüssten im Vergleich zur deutschstämmigen Bevölkerung weniger über die Erkrankung. Gründe seien Sprach- sowie kulturelle Barrieren und damit ein schlechterer Zugang zum deutschen Gesundheitssystem.

Wenn die Erkrankung nicht richtig behandelt werde, könne das bekanntlich dramatische Folgeschäden wie Erblindung und Fußamputationen bringen, so van de Roemer.

"Ärzte stellen sich auf Patienten mit Migrationshintergrund ein", äußerte sich Roland Stahl, Sprecher der KBV. Das erfordere viel Einfühlungsvermögen.

Bisher gebe es aber immer noch zu wenige Informationsangebote für Migranten, kritisierte Eva-Maria Beck von der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin.

Bei Ärzten gebe es viele Zeit- und Kommunikationsprobleme. Das Duisburger Projekt "Diabetes gemeinsam verstehen" soll an dieser Stelle ansetzen.

Auf Probleme im Alltag eingehen

Türkischstämmige Diabetespatienten können allerdings von maßgeschneiderten Schulungsprogrammen profitierten. Das hat eine Befragung von Teilnehmern der Schulungsinitiative "Diabetes gemeinsam verstehen" der BKK Novitas Duisburg und des Pharmaherstellers Lilly ergeben.

Das Projekt war als Pilot vor zwei Jahren von der Krankenkasse und dem Pharmahersteller initiiert worden. Bei "Diabetes gemeinsam verstehen" sollen türkische Diabetiker in Schulungsgruppen mehr über ihre Krankheit lernen.

Der Kurs wird in kleinen Gruppen komplett auf Türkisch gehalten. "Die Teilnehmer hatten ihr Wissen nach der Schulung um 41 Prozent gesteigert", sagte Helena Beck von Lilly Deutschland. Damit hätten sie den Wissensstand der deutschsprachigen Kontrollgruppe erreicht.

Ein ähnliches Fazit zog auch die beteiligte Krankenkasse. Das Projekt erreiche die Menschen, bei denen Versorgungslücken bestehen, betonte Holger Russ, Vorstandsreferent der Novitas BKK.

Das seien vor allem türkischstämmige Migranten der ersten Generation mit mittelmäßigen bis schlechten Deutschkenntnissen und Patienten mit einem weniger guten Gesundheitszustand.

Besonders positiv bewerteten die Schulungsteilnehmer, dass die Leiterin auf die Probleme im Alltag eingegangen sei, so Russ. Seit Dezember 2011 wird das Schulungsangebot auch am Vivantes Klinikum Berlin Kreuzberg angeboten.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Ein Buch mit sieben Siegeln

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