Krankenkassen

Institut prophezeit Milliardendefizit

Über den Krankenkassen ziehen dunkle Wolken auf: Laut einer neuen Prognose droht ihnen in diesem Jahr ein Defizit von fast zwei Milliarden Euro. Im nächsten Jahr könnte das Minus noch höher ausfallen.

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Den Krankenkassen stehen schwierige Zeiten bevor, glaubt das Institut für Weltwirtschaft.

Den Krankenkassen stehen schwierige Zeiten bevor, glaubt das Institut für Weltwirtschaft.

© Oliver Berg / dpa

KIEL. Die Gesetzlichen Krankenversicherung wird in diesem und im kommenden Jahr rote Zahlen schreiben: Das Defizit wird nach einer Prognose des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) von 1,6 Milliarden (2014) auf sechs Milliarden Euro (2015) zunehmen. Allerdings verfügt das GKV-System noch über eine Reserve von insgesamt 30 Milliarden Euro.

Nach Berechnungen von Dr. Alfred Boss vom IfW steigen die GKV-Ausgaben im laufenden Jahr überdurchschnittlich um 4,8 Prozent auf 206,7 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr könnten sie abermals um 3,9 Prozent auf dann 214,8 Milliarden Euro wachsen.

Weiterhin stark zulegen werden der Prognose zufolge die Ausgaben der Kassen für Krankengeld, und zwar um 700 Millionen Euro auf 10,45 Milliarden Euro (2014). Für das kommende Jahr wird dann ein Anstieg auf 11,20 Milliarden Euro erwartet.

Als Gründe nennt der IfW-Autor, dass die Zahl der GKV-Versicherten zwischen 60 und 64 Jahren stark wächst und auch die Zahl langfristig psychisch erkrankter Patienten weiter zulegt.

Das Defizit in der GKV entsteht vor dem Hintergrund glänzender konjunktureller Perspektiven: Die Beschäftigtenzahl wird demnach in diesem Jahr um 0,9, im kommenden Jahr um 0,6 Prozent wachsen. Für die Lohnsumme wird 2014 ein Anstieg um 3,9 Prozent erwartet, 2015 sogar 4,2 Prozent.

In der Rentenversicherung geht das IfW bedingt durch das jüngst beschlossene Rentenpaket von einem starken Ausgabenanstieg aus: Um 7,4 Milliarden (2014) und 12,1 Milliarden Euro (2015). Weil Beitragsaufkommen und Bundeszuschuss ebenfalls stark steigen, erwartet der Forscher für 2015 nur ein Defizit von 200 Millionen.

Warnung vor Begehrlichkeiten

Harsche Worte findet das IfW für die Rentenreform der großen Koalition: "Deutschland ist auf dem Weg in eine Gerontokratie." In der Sozialen Pflegeversicherung kompensieren Beitragssatzsteigerungen die kräftigen Mehrausgaben.

Für 2014 geht das IfW noch von einem Defizit von 240 Millionen Euro aus, im kommenden Jahr wird dann der Prognose zufolge ein Überschuss von 1,27 Milliarden Euro anfallen - Grund ist die für 2015 geplante Beitragssatzerhöhung um 0,3 Punkte. Bereits 2013 war der Beitragssatz um 0,1 Punkte angehoben worden.

Der Forscher warnt, dass das 2015 stark steigende Beitragsaufkommen "Begehrlichkeiten weckt und schon vor der zweiten Stufe der Reform der Pflegeversicherung zu eigentlich nicht beabsichtigten Mehrausgaben führt".

Über alle Zweige der Sozialversicherung hinweg (GKV, Pflege, Rente, Bundesagentur, Unfallversicherung) geht der IfW-Wissenschaftler Boss von Ausgabensteigerungen von 3,5 (2014) und 4,3 Prozent (2015) aus.

Da im gleichen Zeitraum die Einnahmen lediglich um 2,9 und 3,5 Prozent wachsen, werden die Sozialkassen nach einem Überschuss im laufenden Jahr (3,62 Milliarden Euro) dann 2015 ins Defizit rutschen (minus 960 Millionen Euro). (fst)

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