Arztreport der Barmer

Schmerzpatienten unterversorgt

Etwa 3,25 Menschen leiden in Deutschland unter chronischen Schmerzen. Ihre Zahl hat sich von 2005 bis 2014 mehr als verdoppelt. Das geht aus dem aktuellen Arztreport der Barmer GEK hervor.

Von Susanne Werner Veröffentlicht:
Plagender Schmerz: Die Zahl der chronischen Schmerzpatienten hat sich in knapp zehn Jahren mehr als verdoppelt.

Plagender Schmerz: Die Zahl der chronischen Schmerzpatienten hat sich in knapp zehn Jahren mehr als verdoppelt.

© TheSupe87 / fotolia.com

BERLIN. "Die Bekämpfung des chronischen Schmerzes muss zu einem nationalen Gesundheitsziel erklärt werden“, fordert Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer GEK. Hintergrund ist der aktuelle Arztreport seiner Kasse.

 Demnach litten 2014 vier Prozent der Deutschen unter chronischen Schmerzen. Das AQUA-Institut aus Göttingen hatte für den Report die Daten der acht Millionen Barmer-Versicherten ausgewertet und auf die Bevölkerung hochgerechnet. „Wir brauchen nicht weitere Angebote, sondern eine gut vernetzte und interdisziplinäre Versorgung“, erklärten Kassenchef Straub und Studienleiter Professor Joachim Szecsenyi am Dienstag vor Journalisten in Berlin.

Regionale Unterschiede

2014 waren bei etwa 14,8 Millionen Männer (37,3 Prozent) und 22,6 Millionen Frauen (54,8 Prozent) mindestens eine Schmerzdiagnose erstellt worden.

Chronische Schmerzen, die nicht auf ein organisches Leiden zurückzuführen sind, steigen ab dem 65. Lebensjahr deutlich. Unter den über 80-Jährigen waren im Jahr 2014 etwa 13,2 Prozent betroffen.

Auch weist der Arztreport regionale Unterschiede aus: So sind die Brandenburger mit einer Rate von 5,79 Prozent am häufigsten betroffen, die Bremer mit 2,94 Prozent am seltensten. Straub betonte, dass chronischer Schmerz eine eigenständige Erkrankung sei, die spezifisch behandelt werden müsse.

 Handlungsbedarf sieht Straub sowohl im ambulanten wie im stationären Bereich: „Wir brauchen engagierte Hausärzte und eine effiziente Behandlung in Kliniken.“ Die Zahl der niedergelassenen Ärzte, die über eine schmerztherapeutische Zusatzqualifikation verfügen, ist von 2009 bis 2014 um 15 Prozent auf 1 142 Ärzte gestiegen. Insgesamt wurden 655 000 Patienten im Jahr 2014 ambulant versorgt, 27 Prozent mehr als 2009.

Durchgängige Versorgung nötig

Die Kapazitäten im stationären Sektor sind deutlich stärker gestiegen. Laut Arztreport hat sich die Zahl der Kliniken verdoppelt, die eine multimodale Schmerztherapie anbieten. 61 000 Patienten waren 2014 stationär versorgt worden. „Das ist jedoch nur ein Fünftel aller Patienten, die für eine solche Therapie in Frage kommen“, sagte Straub.

Mit Sorge beobachtet er auch, dass die Kliniken dabei auf kurze Verweildauer setzen. „Damit sinkt die Effektivität“, betonte Straub.

 Um die Betroffenen gut zu behandeln, so Straub weiter, sei eine „durchgängige Versorgungskette nötig, in der interdisziplinär zusammen gearbeitet wird“. Der Hausarzt sollte dabei eine Lotsenfunktion übernehmen.

 Eine Absage erteilte er den Forderungen verschiedener Fachgesellschaften nach einem Facharzt für Schmerzmedizin. Straub: „Die Spezialisierung in der Medizin hat bislang nicht dazu beigetragen, die großen Versorgungsprobleme zu lösen.“ Mit Blick auf die Kliniken sprach er sich dafür aus, „verbindliche Qualitätskriterien für die Schmerztherapie zu entwickeln“..

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