Thüringen

Höhere Vergütung für Pflegekräfte

Als zweites Bundesland konnten sich Kostenträger und Leistungserbringer in Thüringen zu einem Pflegepakt durchringen. Allerdings scheren die privaten Pflegedienste aus.

Von Robert Büssow Veröffentlicht:
Eine Pflegerin füttert eine ältere Frau. In Thüringen haben Krankenkassen und Leistungserbringer einen Pflegepakt unterzeichnet.

Eine Pflegerin füttert eine ältere Frau. In Thüringen haben Krankenkassen und Leistungserbringer einen Pflegepakt unterzeichnet.

© britta60 / fotolia.com

ERFURT. Thüringen schmiedet einen Pakt gegen die Pflegekrise: Die Pflege alter Menschen soll deutlich besser vergütet werden.

Darauf haben sich Pflegeverbände und -kassen mit der Landesregierung in einem Pflegepakt geeinigt.

Thüringen ist nach Niedersachsen das zweite Bundesland, in dem sich sowohl Kostenträger als auch Leistungserbringer zu einer gemeinsamen Willenserklärung durchringen konnten.

"Es wird angestrebt, dass die Pflegevergütungen signifikant und schrittweise erhöht werden", heißt es in dem Papier. "Dazu ist ein konkurrenzfähiges Lohnniveau notwendig."

Damit sollen die rapide Abwanderung von Fachkräften und der Nachwuchsmangel bekämpft werden. Auf drei offene Stellen in der Altenpflege kommt inzwischen nur noch ein Bewerber.

Tariflohn wird angestrebt

Ein Grund: In den westdeutschen Nachbarländern wird bis zu einem Drittel mehr gezahlt. Was "signifikant und konkurrenzfähig" konkret bedeuten, ist noch offen. Die genaue Höhe wollen die Pflegeverbände jetzt zügig aushandeln.

Dem Pakt zufolge werden tariflich geregelte Arbeitsverhältnisse angestrebt. Die dadurch steigenden Personalkosten wollen die Kassen mit "wirtschaftlich angemessenen" Pflegesätzen auffangen, verspricht Rainer Striebel, Vorstand der AOK Plus.

Bei ihr sind fast 75 Prozent der 80.000 Pflegebedürftigen in Thüringen versichert. Die Pflegesätze liegen derzeit je nach Pflegestufe 30 bis 40 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt - Thüringen gehört zum Schlusslicht.

Ein großer Spieler in der zersplitterten Branche hat den Pakt allerdings nicht unterzeichnet: der Bundesverband privater Anbieter (bpa). Man könne sich nicht tariflich binden, ohne sicher zu sein, wie sich die Pflegesätze entwickeln, kritisiert bpa-Landeschef Thomas Engemann.

Die AOK Plus ist allerdings nicht bereit, in Vorleistung höhere Pflegesätze zu zahlen. Erst müssen die Löhne steigen, dann komme der Ausgleich.

Darauf mag der bpa nicht vertrauen. Damit sind etwa die Hälfte aller 300 stationären beziehungsweise 400 ambulanten Pflegedienste in Thüringen nicht mit an Bord.

Sozialministerin kritisiert bpa

Die Liga der Wohlfahrtsverbände, die unter anderem Caritas, Diakonie und Arbeiterwohlfahrt bündelt, bezeichnete die Tarifbindung hingegen als "nicht wirtschaftlich schädlich".

Im Gegenteil, man werde nun gegenüber den privaten Anbietern einen Vorteil bei der Fachkräftegewinnung haben.

Sozialministerin Heike Taubert (SPD) kritisierte das Ausscheren des bpa: "Einerseits wird die Fachkräftesituation angeprangert, andererseits lehnt man Tariflöhne ab. Da bin ich ratlos."

Der Pflegepakt bessert auch bei den Arbeitsbedingungen nach: Die Zahl der Vollzeitstellen soll steigen, befristete Jobs und Leiharbeit reduziert werden.

In den vergangenen zehn Jahren ist der Anteil der Vollbeschäftigten von 41 auf 28 Prozent gesunken.

Um den Nachwuchs in der Altenpflege zu sichern, will das Land außerdem wieder die Finanzierung des dritten Umschulungsjahres fördern und eine Imagekampagne starten.

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