Pflege

Arbeitgeber gegen Mindestlöhne

Die Arbeitgeber in der Pflege loben sich selbst für die attraktiven Arbeitsplätze, die sie geschaffen haben. Gesetzliche Mindestlöhne lehnen sie ab.

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Ein Mindestlohn in der Pflege würde jährliche Mehrkosten von 250 Millionen Euro bescheren, glauben Pflege-Arbeitgeber.

Ein Mindestlohn in der Pflege würde jährliche Mehrkosten von 250 Millionen Euro bescheren, glauben Pflege-Arbeitgeber.

© Tobias Kleinschmidt / dpa

BERLIN. Ein allgemein verbindlicher Mindestlohn gilt den Arbeitgebern in der Pflege als bedrohlich. Gegen einen Tarifvertrag Soziales werde die Branche "mit allen Mitteln" vorgehen, haben die Spitzen des Arbeitgeberverbandes Pflege (AGVP) angekündigt.

"Wir sind hochgradig beunruhigt", sagte AGVP-Präsident Thomas Greiner am Dienstag in Berlin. Die Pflegereformen der Regierung und der Mindestlohn kosteten die Unternehmen der Pflegewirtschaft rund eine Milliarde Euro im Jahr zusätzlich.

Diese Ausgaben seien durch die bereits beschlossenen Beitragserhöhungen um 0,5 Prozentpunkte nicht ausreichend gegenfinanziert, sagten Greiner und sein Stellvertreter Friedhelm Fiedler.

Die Pläne der Regierung sehen vor, etwa 500 Millionen Euro im Jahr für die Beschäftigung von bis zu 25.000 zusätzlichen Pflegehelfern auszugeben, die die Pflegefachkräfte von Betreuungsaufgaben entlasten sollen.

Insgesamt 250 Millionen Euro im Jahr mehr

Mindestlöhne wirkten sich nicht nur in der Pflege am Menschen aus, sondern auch in den Küchen, den Hauswirtschaften und den Gärten der Pflegeheime, halten die Pflege-Arbeitgeber dagegen.

In der Konsequenz müssten sie bei einem flächendeckenden Mindestlohn von 12,50 Euro, wie ihn Verdi fordert, im Schnitt zwei Euro mehr pro Stunde bezahlen.

Allein diese Posten würden sich auf 250 Millionen Euro im Jahr summieren. Die Beratungen dazu laufen in der Mindestlohn-Kommission hinter weitgehend verschlossenen Türen.

Auf der Fachebene halten die Arbeitgeber den Pflegeberuf für sehr attraktiv. Die Bezahlung betrage im Schnitt 2831 Euro im Monat brutto in den alten und 2302 Euro in den neuen Ländern. Die stationären Einrichtungen beschäftigten rund 700.000 Menschen, die ambulanten Pflegedienste rund 300.000.

Rund drei Viertel davon sind Frauen. Hilfskräfte zu finden sei derzeit kein Problem. Eine hohe Nachfrage bestehe bei examinierten Pflegekräften. Im Ausland würden Fachkräfte vor allem in Griechenland, Portugal und Spanien angeworben. Erste Erfahrungen gibt es auch mit Pflegekräften aus China.

"Horrorzahlen"

Fachkräftemangel konstatiert die Branche, gleichwohl seien die kolportierten Zahlen zu hoch. "Die Horrorzahlen sind nicht realistisch", sagte Greiner.

Rund 30.000 Fachkräfte fehlten im Augenblick. Diese Zahl steige auf 75.000 im Jahr 2010. Ebenfalls aus der Pflegebranche stammt die Zahl, dass bis 2030 rund 500.000 Pflegestellen neu besetzt werden müssten.

Derzeit ließen sich rund 60.000 Menschen zu Pflegekräften ausbilden, berichteten Greiner und Fiedler. Die Ausbildungsvergütungen zwischen 800 und 1100 Euro brutto im Monat seien höher als die in anderen Branchen.

Kritik übten die Vertreter der Pflegearbeitgeber am Schulgeld, das in neun Bundesländern nach wie vor in Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen erhoben wird. Diese Gebühr müsse oft von den Arbeitgebern übernommen werden.

Laumann: Pflegekraft sollte so viel wert sein wie ein Handwerker

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), sprach sich für eine faire Bezahlung der Pflegekräfte aus: "Wer will, dass die Pflegebranche auf Dauer hochqualifizierte und integere Mitarbeiter findet, um eine anspruchsvolle und für unsere Gesellschaft unverzichtbare Arbeit zu leisten, für den sollte der fair verhandelte Lohn - also: der Tarifvertrag - eine Selbstverständlichkeit sein. Eine gute Pflegekraft sollte der Gesellschaft mindestens so viel wert sein wie ein guter Handwerker." (af)

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