Berliner Pflegekräfte

Klares Ja zur Pflegekammer

Eine Umfrage zeigt: Die Pflegefachkräfte in Berlin wollen eine Pflegekammer. Ob das Abgeordnetenhaus dieses Votum als Auftrag sehen wird, der Kammer schnell per Gesetz den Weg zu bereiten, bleibt aber abzuwarten.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Der große Saal des Roten Rathauses war fast bis auf den letzten Platz besetzt, als die Ergebnisse der Studie zu Errichtung einer Pflegekammer vorgestellt und unter anderem mit Gesundheitssenator Mario Czaja (M.) diskutiert wurden.

Der große Saal des Roten Rathauses war fast bis auf den letzten Platz besetzt, als die Ergebnisse der Studie zu Errichtung einer Pflegekammer vorgestellt und unter anderem mit Gesundheitssenator Mario Czaja (M.) diskutiert wurden.

© Julia Frisch

BERLIN. Lauter Applaus und Jubel brachen im großen Saal des Roten Rathauses aus, als das Ergebnis einer repräsentativen Befragung vorgestellt wurde: 58,8 Prozent der Berliner Pflegefachkräfte befürworten die Einrichtung einer Pflegekammer.

Die meiste Zustimmung gab es in der Berufsgruppe der Krankenpfleger, hier sind 62,2 Prozent für die Kammer.

Kinderkrankenpfleger sprachen sich mit 52 Prozent für eine Selbstverwaltung aus, bei den Altenpflegern waren es knapp 50 Prozent. Bei letzteren ist der Anteil der Gegner mit 22,3 Prozent am höchsten.

Insgesamt waren für die Studie zur Akzeptanz einer Kammer 1196 examinierte Pfleger im Zeitraum zwischen November 2014 und März 2015 befragt worden. Die Studie war von Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) initiiert und mit 78 000 Euro gefördert worden. Organisiert wurde sie von der Alice Salomon Hochschule.

Junge Pfleger versprechen sich offenbar viel von einer Kammer

Wie die Auswertung zeigt, lehnen 17 Prozent der Pflegekräfte die Gründung einer Kammer ab. 13,8 Prozent sagten, dass sie Vor- und Nachteile nicht beurteilen können. 4,5 Prozent der Befragten ist es egal, 5,8 Prozent machten keine Angaben.

Auffällig ist, dass besonders die jungen Pfleger sich offenbar was von einer eigenen Kammer versprechen: Bei den Befragten mit einer Berufserfahrung von unter fünf Jahren sprachen sich fast 68 Prozent für eine Pflegekammer aus.

Die Mehrheit der Befürworter sind der Ansicht, dass der Beitrag zwischen fünf und zehn Euro betragen sollte. Einige gaben an, zwar für eine Kammer zu sein, aber keinen Beitrag zahlen zu wollen.

Czaja bezeichnete die Ergebnisse der Studie als "Plebiszit für die Pflege" und kündigte auf der Informations- und Diskussionsveranstaltung am Dienstagabend an, als nächsten Schritt Vertreter aus Rheinland-Pfalz und Niedersachsen nach Berlin einzuladen, die über ihre Erfahrungen mit der Gründung einer Kammer berichten sollen.

Für ein Gründungsgesetz werde seine Verwaltung Vorschläge erarbeiten. Damit dieses eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus bekomme, müsse aber noch hart gerungen werden. "Denn bisher gibt es keine klare politische Mehrheit dafür", sagte er.

Wohl ein langer Weg

Dass der Weg zu einer Berliner Pflegekammer lang werden könnte, dieser Eindruck entstand bei der anschließenden Diskussion.

"Wir werden uns mit einigen Punkten noch befassen müssen", sagte Ülker Radziwill, Abgeordnete vom Koalitionspartner SPD, der einer Verkammerung skeptisch bis ablehnend gegenüber steht.

Radziwill bezweifelte, dass eine Kammer die Bedingungen für die Pflege in Berlin verbessern kann. Das sei größtenteils doch Aufgabe der Politik. "Ich habe Sorge, dass sich die Politik hier einen schlanken Fuß machen wird", so die Abgeordnete.

Sie forderte zudem, auch die Pflegehilfskräfte zu dem Thema zu befragen, obwohl diese keine Mitglieder in der Kammer sein können. Sonst, so Radziwill, bestehe die Gefahr, dass eine "Drei- oder Vier-Klassengesellschaft" in der Pflege entstehe.

Heiko Thomas (Grüne) sprach sich für die Gründung einer Kammer aus. Sie könne nicht alle Probleme lösen, trage aber dazu bei, dass Pflege eine größere Rolle spiele als bisher.

Czaja plädierte an die rund 300 Zuhörer, den Druck bis zum Herbst aufrechtzuerhalten. Dann stehen die Beratungen für das Haushaltsjahr 2016/2017 an.

Bis dahin sollte seiner Ansicht nach Klarheit darüber herrschen, ob die Kammer gegründet wird und wie die voraussichtlichen Kosten dafür in Höhe von zwei bis drei Millionen Euro finanziert werden.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Augenhöhe ist das Ziel

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