Schwarz-Gelb will mehr Prävention wagen

Der Nationale Krebsplan ist in der Gesetzgebung angekommen. Der Gesundheitsminister plant neue Vorsorgeprogramme. Krebsregister sollen die Onkologie transparenter werden lassen. Ein Problem könnte aber der Datenschutz sein.

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Neue Termine im Kalender: Die Regierung plant, gesetzlich Versicherte zur Darm- und Gebärmutterhalskrebsvorsorge einzuladen.

Neue Termine im Kalender: Die Regierung plant, gesetzlich Versicherte zur Darm- und Gebärmutterhalskrebsvorsorge einzuladen.

© Weber/ Fotolia.com

BERLIN (af/sun). Die Qualität der Arbeit niedergelassener und klinischer Onkologen kommt auf den Prüfstand.

Der Gesetzentwurf zur Umsetzung des Nationalen Krebsplans verpflichtet die Länder dazu, klinische Krebsregister flächendeckend einzuführen.

Das bedeutet, dass es in naher Zukunft deutlich mehr Daten über das Auftreten, die Behandlung und den Verlauf onkologischer Erkrankungen geben wird. Dies betrifft die ambulante und die stationäre Versorgung gleichermaßen.

Diese Daten sollen dazu dienen, die Prozess- und Ergebnisqualität der medizinischen Leistungen künftig besser zu erfassen, als dies heute möglich ist.

Das Ziel der Autoren des Gesetzentwurfes im Bundesgesundheitsministerium ist klar: "Klinische Krebsregister ermöglichen eine Beurteilung der Qualität der individuellen Krebstherapie und tragen dazu bei, Qualitätsdefizite in der onkologischen Versorgung zu erkennen und zu beseitigen."

Derzeit gibt es in Deutschland bereits 50 klinische Krebsregister, die allerdings unterschiedlich organisiert sind.

Krebs: Zweithäufigste Todesursache

Mit dem Krebsplan-Umsetzungsgesetz strebt die Regierung nun an, möglichst alle Krebserkrankungen und deren Behandlungsverläufe zu erfassen. Auswerten soll die Daten der Gemeinsame Bundesausschuss.

Die Zahl der Krebserkrankungen steigt. 2008 zählte das Robert Koch-Institut 470.000 Neuerkrankungen. Das waren 43.000 mehr als 2006. Mit rund 218.000 Todesfällen im Jahr ist Krebs inzwischen die zweithäufigste Todesursache nach den Herz-Kreislauferkrankungen.

Die gesetzliche Krankenversicherung soll die klinischen Krebsregister finanzieren. Rund 46 Millionen Euro soll dies kosten. Die Regierung geht dafür von einer jährlich halben Million Krebsneuerkrankungen ab 2014 aus.

In die epidemiologische Forschung einfließen sollen auch die Daten der neuen organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme. Gesetzlich Versicherte sollen künftig analog zum Mammographie-Screening eingeladen werden, um Darm- oder Gebärmutterhalskrebs frühzeitig erkennen zu können.

Die Intervalle, die Altersgrenzen sowie die Untersuchungsschritte zur Abklärung auffälliger Befunde soll der Gemeinsame Bundesausschuss festlegen.

Intention des Gesetzes ist es, durch frühzeitiges Erkennen von Darmkrebsvorstufen einen großen Teil der jährlich 65.000 Neuerkrankungen zu verhindern.

Kassen hinterfragen die Finanzierung

Auf die Krankenkassen kommen damit zusätzliche Kosten zu. Auf bis zu 66 Millionen Euro schätzen die Autoren des Entwurfes den Aufwand für die Einladungen zur Früherkennung.

Bei den Kosten für die Krebsregister regt sich Widerspruch: "Bei den geplanten Krebsregistern steht die Frage im Raum, ob es richtig ist, dass ein von den Ländern geführtes Register aus den Portemonnaies der Beitragszahler finanziert werden muss", sagte GKV-Sprecherin Ann Marini der "Ärzte Zeitung".

Als Teil einer größeren Strategie begreift der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, den Gesetzentwurf.

"Das geplante Einladungswesen zur Krebsvorsorge ist ein erster wichtiger Schritt für mehr Prävention in Deutschland", sagte Spahn der "Ärzte Zeitung".

"Als gut und richtig" bezeichnete die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses , Carola Reimann (SPD) das Vorhaben im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

SPD für "richtiges Präventionsgesetz"

Der Teufel stecke allerdings im Detail. Das Einladungsverfahren müsse so gestaltet werden, dass es die Menschen in unterschiedlichen Lebenswelten ansprechen und zur Krebsvorsorge motivieren könne.

Zudem könne sie sich vorstellen, dass Datenschützer auf die Barrikaden gingen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass für die Einladungen die Daten der Versichertenkarte verwendet werden dürfen.

Für die Nutzung von Daten in der Versorgungsforschung soll die Einwilligung der Versicherten eingeholt werden.

Die Vorschläge der Regierung zur Umsetzung des Nationalen Krebsplans seien "grundsätzlich richtig", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Professor Karl Lauterbach, der "Ärzte Zeitung".

Sie seien allerdings kein Ersatz für ein richtiges Präventionsgesetz. Kinder aus benachteiligten Familien, Arbeitslose und Risikogruppen würden mit Briefen der Kassen für freiwillige Vorsorgeangebote nur schwer erreicht.

Besser sei es, lokale Akteure und Selbsthilfegruppen vor Ort in die Gesundheitsvorsorge einzubinden. Dafür müsse es gesetzliche Strukturen geben, sagte Lauterbach.

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