Diabetiker im Hausarztvertrag

500 Schlaganfälle und 450 Herzinfarkte vermieden

Chroniker, die an der hausarztzentrierten Versorgung in Baden-Württemberg teilnehmen, werden besser und effizienter versorgt als im Kollektivvertrag. Denn schwere Komplikation und Klinikaufenthalte sind seltener, zeigt der dritte Evaluationsbericht des Hausärzteverbandes.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Präsentierten den dritten Evaluationsbericht (v.l.): Dr. Werner Baumgärtner, Dr. Christopher Hermann, Professor Ferdinand Gerlach, Professor Joachim Szecsenyi, Dr. Berthold Dietsche.

Präsentierten den dritten Evaluationsbericht (v.l.): Dr. Werner Baumgärtner, Dr. Christopher Hermann, Professor Ferdinand Gerlach, Professor Joachim Szecsenyi, Dr. Berthold Dietsche.

© Schicke

BERLIN. Die hausarztzentrierte Versorgung (HzV) verbessert in Kombination mit Facharztverträgen nach Paragraf 73c SGB V die Versorgung chronisch kranker Patienten und steigert die Effizienz.

Das geht aus dem am Mittwoch in Berlin vorgelegten dritten Evaluationsbericht zur HzV der AOK Baden-Württemberg mit dem dortigen Hausärzteverband und Medi hervor.

Die Studie wurde von den Professoren Ferdinand Gerlach (Uni Frankfurt) und Joachim Szecsenyi (Uni Heidelberg) erstellt.

Beispiel Diabetes: Nach einer Drei-Jahresanalyse mit 119.000 teilnehmenden Diabetikern wurden allein durch besondere HzV-Einflüsse im Vergleich zu Patienten in der Regelversorgung insgesamt 1700 schwerwiegende Komplikationen vermieden, so 500 Schlaganfälle, 450 Herzinfarkte, 389 Nephropathien, die Dialysepflicht ausgelöst hätten, sowie 260 Amputation und 139 Erblindungen.

Ursächlich sei die um 24 Prozentpunkte höhere Beteiligung an Disease-Management-Programmen (DMP), engere und kontinuierliche Betreuung durch den Hausarzt sowie besser über Leitlinien informierte HzV-Ärzte, so Gerlach.

Patienten mit koronarer Herzkrankheit oder Herzinsuffizienz nehmen ebenfalls stärker an DMP teil, werden engmaschiger von Hausärzten und Kardiologen versorgt, weisen eine höhere Rate an Influenza-Impfungen auf und werden in der Arzneimitteltherapie stärker an Leitlinien orientiert behandelt.

Die effektivere ambulante Versorgung schlägt sich in einer niedrigeren Hospitalisierungsrate (34,4 zu 36 Prozent) nieder.

Insgesamt geringere Behandlungskosten

An der HzV nehmen derzeit 1,54 Millionen AOK-Versicherte teil. Ihr mittleres Alter liegt um etwa 14 Jahre über dem Durchschnitt aller 4,1 Millionen AOK-Versicherter.

Bei risikoadjustierter Betrachtung haben HzV-Patienten 13 Hausarzt-Kontakte im Jahr, etwa ein Drittel mehr als Nicht-HzV-Patienten. Eingeschriebene Patienten haben mit 1,6 Facharzt-Kontakten deutlich weniger unkoordinierte Spezialistenkonsultationen als andere Patienten (2,7).

Nach Berechnung von Szecsenyi ist die Zahl der vermeidbaren Krankenhauseinweisungen bei HzV-Patienten niedriger als bei Nicht-HzV-Patienten: Pro 100 HzV-Patienten gab es 15 Einweisungen, pro 100 Nicht-HzV-Patienten 16,1.

Das Finanzvolumen der hausarztzentrierten Versorgung lag im vergangenen Jahr bei 565 Millionen Euro einschließlich der Vergütungen für die Facharztverträge.

Im Vergleich zur Regelversorgung im Kollektivvertrag werden Ausgabenminderungen durch Einsparungen bei Arzneimitteln und durch vermiedene Krankenhauseinweisungen von 35 Millionen Euro erzielt.

"Wir sehen heute einen Return on Invest", resümiert der AOK-Vorstandsvorsitzende Dr. Christopher Hermann. Das Projekt werde mit weiteren Facharztgruppen (Urologie, Rheumatologie) fortgesetzt.

Als "wichtigste berufspolitische Errungenschaft der letzten 20 Jahre" wertet Dr. Berthold Dietsche, der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg das Vertragssystem.

Mit seiner Ergänzung durch die VERAH und EFA sei das "Integrierte Versorgung im besten Sinne", so Medi-Vorsitzender Dr. Werner Baumgärtner.

Ihr Newsletter zum Thema
Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Nachruf

Berthold Dietsche: Einer der Gründerväter der HZV ist tot

Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Kommentare
Richard Barabasch 16.06.201613:53 Uhr

Streng nach EbM-Kriterien ?

Und die NNT ? Und nur in Ba-Wue ? Aber : diese "Studie" ist keine Studie, sondern eine statitische Berechnung mit Wohlwollen, sonst gar nichts. Ein PR-Gag mit dem allergrößeren Makel jedoch, dass diese "Information" nur für einen geografische, politische und eine Ba-Wue-Hausarzt-Verband-Engagierte Angelegenheit ist. "Dummerweise" gibt es in Ba-Wue auch noch die Organisation "Gesundes Kinzigtal" und diese verkündet ein selbiges Ergebnis auf einem ganz anderen Weg. Un'' Nu'' ? Der übergeornete GESICHTSPUNKT lautet indes bei beiden "Projekten" : SPAREN !! Was ? GELD für die kranken Kassen, sonst gar nix ! Und die "Dokters" m e i n e n es gehe um ihr Können und ihre Fähigkeiten!!! Oh böse Welt ! Täuschung auf der ganzen Linie ! Eine patientenzentrierte Betreuung, die die N O T der Patienten fokusiert und diese ausschliesslich, die erreicht denselben Effekt - ohne "Projekt" und "Vertrag" und Show-Effekt
meint
R.B.

Karl-Georg Vaith 16.06.201609:48 Uhr

Tempora mutantur nos et mutamur in illis !

Bravo, durch rechtzeitige Therapie kann die " Kasse Kosten sparen ! "
Die Hausarztverträge sollten auch in Bayern von der GKV ausgebaut werden.

Auch die Prävention und die Prophylaxe sollte schon seit Jahren einen größeren Stellenwert in der Hausarztpraxis einnehmen.

" Nolens volens "

Karl-G. Vaith

Dr. Henning Fischer 16.06.201608:16 Uhr

gelobtes Land BaWü


"durch besondere HzV-Einflüsse"

und bekanntermaßen überflüssige DMPs

Nun ja, ziehen wir alle nach BaWü, woanders funktioniert es ja nicht.

Sonderberichte zum Thema
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Eine junge Frau fasst sich an ihren schmerzenden Ellenbogen.

© Rabizo Anatolii / stock.adobe.com

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an