Zukunftsvision

Mehr Dialysen in den eigenen vier Wänden

Mehr dialysepflichtige Patienten, weniger Nephrologen: Experten sagen für 2020 eine Versorgungslücke bei der Dialyse voraus - und präsentieren auch gleich eine Lösung für das Problem.

Veröffentlicht:

BERLIN. Zwischen Nachfrage und Angebot bei Dialyseleistungen droht im Jahr 2020 eine Lücke. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, das das IGES-Institut am Montag in Berlin vorgestellt hat.

In sechs Jahren werde die Zahl der heute etwa 83.000 dialysepflichtigen Patienten auf 100.000 anwachsen. Im gleichen Zeitraum werde die Anzahl der niedergelassenen Nephrologen voraussichtlich um etwa acht Prozent schrumpfen.

Damit Patienten, darunter auch immer jüngere Menschen, auch künftig gut versorgt würden, müsse die ambulante nephrologische Versorgung gestärkt werden. Ansetzen könne man speziell bei der Heimdialyse, so die Studienautoren.

Aktuell gehen die Forscher davon aus, dass rund fünf Prozent der ständig dialysepflichtigen Patienten im Heimdialyseverfahren sind. 2020 könnten es zwölf Prozent sein oder sogar 33 Prozent, wenn alle Potenziale ausgeschöpft würden.

Die Aufklärung der Patienten könne dazu beitragen, die Dialyseversorgung zu optimieren. Etwa 27 Prozent der Patienten würden sich nach umfassender Beratung für die Therapieoption im häuslichen Umfeld entscheiden.

Ihre Hoffnung: Mehr Lebensqualität durch Freiheit und Selbstbestimmung. Geeignet seien dafür jedoch in erster Linie junge Patienten.

Wissenslücken zur Bauchfelldialyse

Voraussetzungen für Ärzte, diese Option zu erwägen, seien Kompetenz und Selbstständigkeit der Erkrankten. Es gehe nicht um Konkurrenz zwischen den Verfahren.

"Die Heimdialyse passt gut zu Patienten, die nicht so oft kontrolliert werden müssen", sagt Professor Mark Dominik Alscher, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN). Gut geeignet dafür sei die Peritonealdialyse. Dabei gelangen Schadstoffe über das Bauchfell in eine Dialyselösung.

Bei diesem Verfahren haben die Studienautoren Informationsdefizite bei den Ärzten ausgemacht. "Es fehlen häufig Wissen und Ausbildungsvorgaben zur Peritonealdialyse", berichtet Alscher. Der überwiegende Teil der Dialysepatienten, circa 95 Prozent, werde heute mittels Hämodialyse behandelt. Dies beschränke die Therapievielfalt.

Die Heimdialyse könne bei jungen Patienten bis zu 15 Jahre überbrücken, berichtet Alscher. Dies könne bei dem zu erwartenden Zuwachs von Patienten die Dialysezentren entlasten.

Wichtig für die Überlebenschancen der Patienten sei dabei besonders, die gute Zusammenarbeit von Nephrologen und Hausärzten. Sie ermögliche frühere Interventionen und erhalte somit die Wahlmöglichkeiten zwischen den zur Verfügung stehenden Therapien.

Entstanden ist das Gutachten im Auftrag des Medizintechnik- und Arzneimittelunternehmens Baxter Deutschland. Zu ihren Prognosen seien die Wissenschaftler durch "das rechnerische Fortschreiben der aktuellen Situation" gekommen, sagte Hans-Holger Bleß, der die Studie als Leiter des Bereichs Versorgungsforschung am IGES-Institut verantwortet hat. (mh)

Mehr zum Thema

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Rechtzeitig eingefädelt: Die dreiseitigen Verhandlungen zwischen Kliniken, Vertragsärzten und Krankenkassen über ambulantisierbare Operationen sind fristgerecht vor April abgeschlossen worden.

© K-H Krauskopf, Wuppertal

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“