Hinter Gittern

Ärzte in der JVA sind Mangelware

Verbeamtung, 40-Stunden-Woche, kein Bereitschaftsdienst. Klingt attraktiv - dennoch werden in Niedersachsen Ärzte in Gefängnissen dringend gesucht.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Die Justizvollzugsanstalt in Sehnde in Niedersachsen.

Die Justizvollzugsanstalt in Sehnde in Niedersachsen.

© Julian Stratenschulte/dpa

HANNOVER. In den 13 Gefängnissen Niedersachsens fehlen Ärzte. Derzeit müssen 10,4 Planstellen mit teuren Honorarkräften gefüllt werden, das ist fast jede dritte Stelle.

Das erklärte die niedersächsische Landesregierung auf eine Anfrage der CDU-Fraktion im Landtag.

Oliver Weßels, Anstaltsleiter des Frauengefängnisses in Vechta, bestätigte der "Ärzte Zeitung" die angespannte Situation. "Es gibt Vakanzen, das ist unstrittig. Aber die medizinische Versorgung der Häftlinge ist jederzeit sichergestellt", so Weßels.

Zwar verfüge die Vechtaer Haftanstalt etwa über einen Gynäkologen. Aber sonst müssen auch hier die Gefangenen im Zweifel zu teuren Honorarärzten "ausgeführt" werden, wenn Anstaltsärzte fehlen.

Dies ist eine Maßnahme, die für die fachärztliche Behandlung fast immer nötig ist. Das kostet Personalstunden.

Erfahrung in Suchtmedizin gefragt

Schwierig ist außerdem, dass die Honorarärzte das "System Vollzug" nicht kennen, sagt der Anstaltsleiter. Das Justizministerium gibt jährlich fast 14 Millionen Euro für die medizinische Versorgung der Gefangenen aus, wie Weßels bestätigt.

"Ideal für uns wären Allgemeinmediziner, die die Arbeit hier zu schätzen wissen", sagt Weßels. Gesucht werden idealerweise Ärzte mit Erfahrungen in Suchtmedizin und Substitution sowie im Umgang mit HIV- und Hepatitis-Patienten.

In der Tat ist das Klientel speziell. "Viele Häftlinge werden auf der Straße verhaftet und kommen zum Teil direkt zu uns", so Weßels. Im Gefängnis werden sie oft seit Jahren erstmals wieder medizinisch versorgt.

"Wir päppeln sie zunächst einmal auf. Viele wären sicher gestorben, wenn wir nicht eingegriffen hätten. Paradoxerweise bedeutete für sie das Gefängnis dann zu überleben", sagt Weßels.

Neben Sucht- und Infektionskrankheiten leiden die Gefangenen auch an psychischen Auffälligkeiten. Man kooperiere dabei mit dem Justizvollzugskrankenhaus Lingen, berichtet Weßels. "Außerdem kommt alle zwei Wochen ein Psychiater ins Haus."

Gehalt wurde angepasst

Früher erhielten die Anstaltsärzte mit "A 13" zunächst nur das Einstiegsgehalt der Beamtenbesoldung und damit so viel Geld wie ein Regierungsrat. "Das war für die Ärzte natürlich nicht interessant", sagt Weßels.

Inzwischen sei das Gehalt denen von Krankenhausärzten angepasst worden. Aber auch das hat den Engpass bei den Gefängnisärzten nicht behoben.

"Viele junge Ärzte wissen gar nicht, dass es auch eine Laufbahn in der Vollzugsmedizin gibt", sagt Oliver Weßels.

Die Arbeit als verbeamteter Anstaltsarzt habe viele Vorteile, meint der Leiter: Kein Bereitschaftsdienst, eine 40-Stunden-Woche, die Verbeamtung und regelmäßiges Geld. "Gefängnismedizin ist ein Berufsfeld mit Perspektive", sagt Weßels.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Ärztemangel auf dem Land

AOK unterstützt Thüringen-Stipendium

Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München

Ist das AMNOG bereit für HIV-Innovationen?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Übersichtsarbeit zu Grippeimpstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!