"Referenzbereiche, risikoadjustiert"

Wenn Fachchinesisch Patienten abschreckt

Qualitätsindikatoren müssen verständlich sein, so der Kongress für Versorgungsforschung. Denn: Wenn Patienten auf Internetportalen die Qualitätsdaten nicht verstehen, meiden sie das betroffene Krankenhaus.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Verstehen potentielle Patienten nur Bahnhof bei einer Klinikbeschreibung, entscheiden sie sich gerne für ein anderes Krankenhau.

Verstehen potentielle Patienten nur Bahnhof bei einer Klinikbeschreibung, entscheiden sie sich gerne für ein anderes Krankenhau.

© Style-Photography / Fotolia.com

BERLIN. Was ist "risikoadjustierte Todesrate"? Das fragen sich viele, wenn sie in Krankenhausvergleichsportalen nach der "besten" Klinik suchen. Auch wenn der Begriff erklärt wird, er bleibt für die Mehrheit der Leser kryptisch.

"Die Bedeutung von risikoadjustierter Todesrate wird nicht verstanden. Der Begriff ist zu abstrakt und kompliziert", sagte Professor Uwe Sander von der Hochschule Hannover beim Deutschen Kongress für Versorgungsforschung in Berlin.

Nicht nur hinter der risikoadjustierten Todesrate steht für das Gros der Portal-Leser ein Fragezeichen. Auch mit Hinweisen etwa auf den "Referenzbereich" können sie in der Regel nichts anfangen. Das zeigt eine Studie von Uwe Sander und Kollegen anhand von zehn Krankenhausportalen.

Das bleibt nicht ohne Auswirkungen. Denn Patienten, welche die Begriffe in den Portalen nicht verstehen, wählen – vereinfacht gesagt – nicht das Krankenhaus, das für sie das Beste wäre. Oder, so Sander: "Wer die Qualitätsindikatoren und das Qualitätskonzept versteht, wählt häufiger das Krankenhaus mit der niedrigeren risikoadjustierten Mortalität."

Fachchinesisch meiden, einfach formulieren

Seine Empfehlung: Auf Begriffe, die Laien nur schwer oder gar nicht verstehen, sollten die Portale verzichten. Der englische National Health Service beispielsweise verwende auf seinem Portal den Begriff Risikoadjustierung nicht.

Könne nicht auf bestimmte Fachtermini verzichtet werden, sollten diese zielgruppenorientiert und vor allem mit visuellen Elementen erläutert werden.

Dass das DRG-System ökonomische Fehlanreize setzen kann, das zeigen Routinedaten der Techniker Kasse, die von deren Wissenschaftlichem Institut (WINEG) ausgewertet wurden.

Die Ergebnisse legen nahe, dass in der Geburtshilfe mehr ungeplante Kaiserschnitte abgerechnet werden, seitdem diese nach einer DRG-Änderung im Vergleich zu geplanten Kaiserschnitten besser vergütet werden.

Nach der Änderung der DRG im Jahr 2010 stieg der Anteil der sekundären Sectiones. 2014 betrug der Anteil der ungeplanten Kaiserschnitte bei 56 Prozent und der Anteil der primären Sectiones bei 44 Prozent.

Seit der Umstellung der DRG seien dadurch Mehrausgaben von rund 31 Millionen Euro entstanden, so Udo Schneider vom WINEG. Der Anstieg der sekundären Sectiones könne nicht anders als durch ein "strategisches Verhalten" der Krankenhäuser bei der Kodierung erklärt werden.

Krankenhäuser im Osten haben zufriedenere Patienten

Bei der Patientenzufriedenheit punkten vor allem die Krankenhäuser im Osten. Das zeigt eine Studie der Universität Witten/Herdecke und der Weissen Liste zu den Auswirkungen von Krankenhauseigenschaften auf die Patientenzufriedenheit.

Im Nordwesten dagegen, so das Ergebnis der Auswertung von Qualitätsberichten und Patientenbefragungen, sind die Noten für die Kliniken am schlechtesten. Im Allgemeinen kommen auch Krankenhäuser mit großer Bettenzahl in der Patientenbewertung schlecht weg.

Für große Zufriedenheit sorgt dafür eine gute Personalausstattung sowohl im ärztlichen als auch im pflegerischen Bereich. Häuser, die genügend Pflegekräfte haben, ernten in der Regel gute Noten für Service und Organisation. Auch gute Ergebnis und Prozessqualität schlagen sich in der Patientenzufriedenheit nieder.

Die Patientenperspektive sei als wichtiges Qualitätskriterium zu betrachten, sagt Rike Kraska von der Uni Witten/Herdecke. Patientenumfragen sollten deshalb in die Qualitätsberichte aufgenommen werden.

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