Nachruf

"Ärzte Zeitung" trauert um "Ironius"

Dr. Siegmund Kalinski ist nach langer Krankheit gestorben. Leser der "Ärzte Zeitung" kennen ihn für seinen Humor: Als "Ironius" nahm er in seiner Kolumne gesundheitspolitische Debatten glossierend aufs Korn.

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Dr. Siegmund Kalinski

Dr. Siegmund Kalinski

© privat

"Franz Müntefering will unbedingt den Mindestlohn haben. Soll er auch. Mehr hat er sowieso nicht verdient." - "Es gibt eine Krankheit, gegen die es keine Impfung gibt und auch nie geben wird: den Morbus bürokraticus."

Solche Sätze gehörten über mehr als zwei Jahrzehnte zu den Aushängeschildern des Wirtschaftsteils der "Ärzte Zeitung". Sie waren ironische oder sarkastische Kondensate der gesundheitspolitischen Debatten, die "Ihr Ironius" glossierend oder kommentierend in seiner Kolumne "Und so seh‘ ich es" genüsslich aufspießte.

Hinter "Ironius" steckte ein Hausarzt mit Leib und Seele: Dr. Siegmund Kalinski. Fast 30 Jahre war er in einem Stadtteil im Süden Frankfurts niedergelassen.

In dieser Zeit engagierte er sich in der Standespolitik: im Hausärzteverband, in der Ärztekammer Hessen, deren Präsidiumsmitglied er lange war, und in der KV.

Schon Mitte der 1970-er Jahre setzte er sich in der Weiterbildung junger Kollegen ein und wurde später Lehrbeauftragter für Allgemeinmedizin an der Universität Frankfurt.

Kalinskis Leben war geprägt von den Extremen des 20. Jahrhunderts. Geboren 1927 in Polen, als Sohn eines Deutschen und einer Österreicherin, als Jude verfolgt und mit 15 Jahren ins Konzentrationslager gesteckt, überlebte er den Todesmarsch von Auschwitz.

Kurz vor Kriegsende gelang ihm die Flucht - und danach der Aufbau eines neuen Lebens: Abitur in Krakau, Medizinstudium, Arbeit als Arzt und als Journalist, Flucht nach Österreich und dann Umzug nach Deutschland.

Das Schicksal - Kalinski verlor einen Großteil seiner Familie - nahm ihm nicht seinen Lebensmut und auch nicht seinen Humor: Das Studium finanzierte er zum Teil als Witzeerzähler.

Seiner alten Heimat Polen blieb er verbunden - so sammelte er Medikamente für Polen und Spenden für die Universität Krakau.

Für seine Aktivitäten als Arzt und im Ehrenamt wurde er vielfach geehrt, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande und mit der Paracelsus-Medaille.

Am vergangenen Donnerstag ist der Arzt, Standespolitiker und Journalist im Alter von 88 Jahren nach langer, schwerer Krankheit gestorben.

Bei der "Ärzte Zeitung" werden wir ihn vermissen - den Menschen Dr. Siegmund Kalinski und den Humor von "Ihr Ironius". (Hauke Gerlof)

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