Smartwatch und Co.

Wearables machen müde Mitarbeiter munter

Wearables wie Smartwatches, Schrittzähler und Co. können eine Option für Unternehmen sein, Mitarbeitern den Einstieg ins Betriebliche Gesundheitsmanagement attraktiver zu machen. Ein Selbstläufer ist das allerdings nicht.

Von Nina Nöthling Veröffentlicht:
Brillen, die Gesundheitsdaten ihres Trägers messen, gibt es bereits. Fraglich ist, ob Mitarbeiter dieser Überwachung zustimmen.

Brillen, die Gesundheitsdaten ihres Trägers messen, gibt es bereits. Fraglich ist, ob Mitarbeiter dieser Überwachung zustimmen.

© eternalcreative/iStock.com

KÖLN. Smartwatches, Schrittzähler und Fitness-Tracker sollen für Mitarbeiter den Einstieg ins Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) attraktiver machen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, das Gesundheitsbewusstsein zu fördern, sondern auch den Gebrauch von neuen technischen Geräten schmackhaft zu machen.

Zusätzlich soll ein modernes BGM den Mitarbeitern signalisieren, dass sie wertgeschätzt werden - und dadurch die Bindung an den Betrieb erhöhen. Allerdings gibt es bei diesen neuen technischen Möglichkeiten auch neue Hürden zu überwinden.

Der demografische Wandel in Deutschland verändert die Betriebsstruktur. Das Renteneinstiegsalter steigt, gleichzeitig fehlt der Nachwuchs, psychische Probleme unter Mitarbeitern häufen sich.

Das begrübndet den Bedarf nach BGM und macht es zu einen wichtigen Thema für Unternehmen. Dabei ist es nicht nur Mittel der Gesundheitsförderung, sondern dient auch dazu, Betriebe für die jüngere, gesundheitsbewusste Generation attraktiver zu machen.

Mitarbeiter nicht immer motiviert

Nicht jeder Mitarbeiter begeistert sich sofort für Gesundheitsaktionen am Arbeitsplatz. "Angestellte, die seit dreißig Jahren keinen Sport gemacht haben, fragen sich nicht, ob und wie viele Schritte sie am Tag gehen", sagte Peter Kozyra auf dem Kongress Digitales BGM des Veranstalters EuPD in Köln.

Er ist Online Marketing Manager bei Medisana Space Technologies, einem Hersteller von Wearable Devices. Smartwatches und Fitness-Apps seien nicht automatisch attraktiv, doch wenn sie im Unternehmen richtig eingeführt werden, könnten sie den Einstieg sowohl in die Technik als auch ins BGM erleichtern, betonte Kozyra.

Bei vielen Menschen müsste zunächst ein Gesundheitsbewusstsein geweckt werden, gleichzeitig müssten sie an die digitalen Angebote herangeführt werden, skizzierte er die doppelte Herausforderung.

Für Selina Krieg, Gründerin des auf BGM spezialisierten Beratungsunternehmens Damahealth, sind gerade Wearables eine gute Möglichkeit, beides zu verbinden. Einige wenige Träger von Fitness-Armbändern könnten schon eine Signalwirkung im Betrieb haben, wenn andere Mitarbeiter dadurch mit dem Thema in Kontakt kommen, glaubt Krieg.

Außerdem erhöhen die Wearables ihrer Meinung nach den Spaß an Gesundheitsthemen: Herausforderungen und Teamwettbewerbe fördern die Motivation und den Teamgeist. Die einfache Bedienung helfe außerdem, so Kozyra, technik-unerfahrene Mitarbeiter an neue, digitale Möglichkeiten heranzuführen.

Hürde Datenschutz?

Bei den neuen Technologien scheitert die Einführung oder Erweiterung des BGM oftmals an den Bedenken des Datenschutzbeauftragten und an den umfangreichen Vorbereitungen zum Datenschutz. Dafür haben die Experten verschiedene Lösungsansätze. Damahealth beispielsweise hat sich mit dem Hersteller Medisana zusammengetan, um Unternehmen bei der Einführung eines ganzheitlichen BGM zu begleiten.

Unter ganzheitlichem BGM versteht Damahealth ein Programm, das Informationen und Aktivitäten in den fünf Bereichen Schlaf, körperliche Gesundheit, Ernährung, Stressbalance und gesundheitsorientierte Führung bietet. Alle diese Bereiche bedingten sich untereinander und müssten als Ganzes betrachtet werden.

Dazu gehören Systeme, bei denen Datenschutzvereinbarungen für die Angestellten nach deutschem Recht bereits ausgearbeitet sind und die Daten ausschließlich auf deutschen Servern gespeichert werden. Damahealth stellt dem Unternehmen die Messergebnisse zur Verfügung, allerdings nur Gruppendaten einer Abteilung oder eines Teams und keine Einzelergebnisse.

Bedarfsgerechte Individualisierung

Die Digitalisierung biete beim BGM Perspektiven, sorge aber auch für Herausforderungen, sagte Professor Holger Pfaff, Versorgungsforscher an der Universität Köln. "Nicht alles, was hip ist, ist gut. Wir müssen viel mehr testen, welche Maßnahmen wirklich etwas bringen", betonte Pfaff.

Die Digitalisierung stützt seiner Einschätzung nach die Individualisierung und damit ein bedarfsbezogenes BGM. Ohne die technischen Fortschritte könnten Messzahlen nicht dargestellt und damit Kennzahlen auch nicht erfasst werden, so Pfaff.

Gerade Big-Data-Auswertungen und Daten von Wearables böten die Möglichkeit herauszufiltern, welche Gesundheitsangebote tatsächlich gewollt und gebraucht werden. Die Sekundärdaten der Krankenkassen seien hierfür prädestiniert, sagte Pfaff.

Er plädiert zudem für eine Zusammenlegung von BGM und Versorgungsmanagement. "Je älter Mitarbeiter werden, desto mehr muss zweigleisig gefahren werden." Nach einem Herzinfarkt gehe es zum einen um die Wiedereingliederung, zum anderen müsse verhindert werden, dass die Mitarbeiter erneut krank werden.

Für beides könnten Apps genutzt werden, so Pfaff. Sie helfen bei der Erinnerung an die Tabletteneinnahme oder in Sachen Diabetes-Selbstmanagement.

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