E-Health

Gesundheitswirtschaft mahnt dringend Digitalstrategie an

Die Fortsetzung der Global Health-Anstrengungen und eine konsequente Digitalisierungs-Strategie – das fordert die industrielle Gesundheitswirtschaft von der neuen Bundesregierung.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

BERLIN. Eine neue Bundesregierung muss an die deutschen Initiativen der G7- und G20-Formate in der internationalen Gesundheitspolitik unbedingt anknüpfen. Dies muss ergänzt werden durch erhebliche Anstrengungen zur Digitalisierung der Gesundheitsversorgung in Deutschland, die im Vergleich zum europäischen Ausland einen erheblichen Rückstand beim Einsatz moderner Informationstechnologien aufweist.

Das sind Forderungen der 2010 vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) initiierten German Healthcare Partnership (GHP), der auch der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) sowie der Darmstädter Arzneimittelhersteller Merck angehören.

Gegründet wurde die Initiative zur Förderung der exportorientierten Gesundheitswirtschaft vor allem außerhalb von Europa und zum Ausbau von Partnerschaften mit Forschungsinstitutionen und Nichtregierungs-Organisationen.

GHP-Chairman Roland Göhde appellierte an die sich bildende Große Koalition, an das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) initiierte internationale Engagement etwa auf den G7- und G20-Gipfeln anzuknüpfen. Bei den bisherigen Sondierungen sei davon nichts sichtbar geworden. "Global Health und Digital Health müssen Schwerpunkte werden", forderte Göhde.

Resistenz gegen Digitalisierung?

Rote Laterne für Deutschland in Digitalisierung

  • 73 Prozent der bundesdeutschen Kliniken haben keinen IT-Verantwortlichen – in den Niederlanden und Großbritannien sind es nur 14 und sechs Prozent, so eine Erhebung der internationalen Health Care Information and Management Systems Society (HIMSS).
  • Nur zehn Prozent der deutschen Kliniken bieten telemedizinische Leistungen an, in den USA sind es laut Bitkom 62 Prozent.
  • 758 Millionen Rezepte werden in Deutschland produziert – alle auf Papier. Zum Vergleich: Zehn Jahre nach Einführung des elektronischen Rezepts in Estland hat die Digitalisierung dort laut WHO eine Quote von 98 Prozent erreicht.

Bislang habe sich das deutsche Gesundheitswesen als "weitgehend resistent" gegen die Digitalisierung erwiesen, kritisierte BDI-Vorstandsmitglied Iris Plöger. Zügige Veränderungen seien jetzt notwendig, um das Effizienzpotenzial durch moderne Informationstechnologien von bis zu 40 Milliarden Euro zu erschließen.

Das entspricht etwa 15 Prozent des Werts der Leistungen in der Gesundheitswirtschaft. Der BDI wolle alle Kräfte bündeln, damit Deutschland – wie schon für die Gesundheitswirtschaft – auch für den Digitalbereich ein internationaler Leitmarkt werde.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Dirk Wiese erinnerte an "Weichenstellungen" der vergangenen Legislaturperiode mit dem E-Health-Gesetz und einem von seinem Ministerium organisierten Workshop für eine Studie zum datenschutzrechtlichen Umgang mit Gesundheitsdaten für Unternehmen der digitalen Gesundheitswirtschaft.

Ergebnisse sollen bis September vorliegen. Wiese gestand zu, dass das deutsche Gesundheitswesen Technologie-Defizite aufweist – eine schnellere Implementierung von E-Health in die Realversorgung und von Datennutzung durch die Forschung sei dringend notwendig.

Hemmnisse für den Einsatz neuer Informationstechnologien seien kurzfristigen Perspektiven wichtiger Akteure und die sektorale Denkweise, sagte die vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer: "Es ist ein Skandal, dass immer wieder auf Kostenexplosionen verwiesen wird, aber keine Kommunikation zwischen den Sektoren und keine Begleitung der Patienten mit existierenden digitalen Möglichkeiten stattfindet."

Nötig sei eine E-Health-Plattform, die ressortübergreifend in der Politik, branchenübergreifend in der Wirtschaft und begleitet von standortfreundlichen Rahmenbedingungen gestaltet werde. Die Digitalstrategie der neuen Bundesregierung müsse auf Gestaltungsfreiheit der Akteure statt auf Regulierung sowie auf Qualität und Effizienz statt auf Sparsamkeit und Ausgrenzung abzielen, so Fischer.

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