Uniklinik Gießen/Marburg: Rhön will Stellen kürzen

Trotz Gewinn- und Umsatzplus: Die Rhön Klinikum AG will an der Uniklinik Gießen-Marburg 500 Stellen streichen. Der Betriebsrat geht auf die Barrikaden.

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Uniklinik in Marburg: Womöglich werden auch hier Stellen gestrichen.

Uniklinik in Marburg: Womöglich werden auch hier Stellen gestrichen.

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MARBURG/GIEßEN (coo). Die Mitarbeiter des privatisierten Uni-Klinikums Gießen und Marburg müssen einen massiven Stellenabbau befürchten.

Nach Auskunft der Marburger Betriebsratsvorsitzenden Bettina Böttcher will der Krankenhausbetreiber Rhön 500 der rund 7500 Arbeitsplätze an beiden Standorten abbauen.

250 Stellen sollen noch in diesem Jahr gestrichen werden, 250 sollen im kommenden Jahr folgen. "Das kann man den Menschen nicht zumuten. Da ist nichts mehr abzubauen", sagte die Betriebsrätin. Bereits jetzt sei die Arbeitsdichte unerträglich hoch.

Dagegen schilderte die Geschäftsführung in einem Schreiben an die Mitarbeiter den "enormen Spar- und Kostendruck" im Gesundheitswesen.

"Es ist absehbar, dass die Erlösentwicklung beider Standorte nicht dauerhaft mit der Kostenentwicklung Schritt halten kann", hieß es. Daher seien weitere Anstrengungen zur Stabilisierung notwendig.

Das Klinikum fürchtet eine Belastung des geplanten Ergebnisses von mehr als zehn Millionen Euro. Allerdings hatte Rhön vor zwei Wochen die Bilanz für 2011 vorgelegt. Danach war der Konzerngewinn um elf Prozent gestiegen.

Betriebsbedingte Kündigungen sind laut Böttcher bis 2015 nicht möglich. Sie waren in einem kurz vor Weihnachten vereinbarten Tarifvertrag ausgeschlossen worden.

Um die Stellen zu kürzen, sollen befristete Jobs nicht verlängert und frei werdende Arbeitsplätze nicht wieder besetzt werden. Jetzt kämen zunächst alle Abteilungen des Uni-Klinikums mit ihren Überstunden und Krankenständen auf den Prüfstand, erklärte Böttcher.

Die Geschäftsführung will in den nächsten Tagen Gespräche mit Betriebsräten und Gewerkschaftern aufnehmen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2011 entschieden, dass die Privatisierung des Uniklinikums teilweise verfassungswidrig war und den Beschäftigten ein Rückkehrrecht in den Landesdienst eingeräumt. Aber auch dort drohen Kündigungen.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 27.02.201219:06 Uhr

Traumrenditen vs. klinische Realität

Schon bei der Meldung vom 9.2.2012 habe ich mich gefragt, wie machen die das nur? 2011 hatte die Rhön-Klinikum AG (RKAG) bei einem Umsatzzuwachs von drei Prozent auf 2,63 Milliarden Euro g l e i c h z e i t i g einen um elf Prozent gestiegenen Konzerngewinn von 161 Millionen Euro erzielt. Für das Geschäftsjahr 2010 wurde insgesamt ein Konzerngewinn von 145 Millionen Euro verbucht.

In einer personalintensiven Branche wie dem Krankenhauswesen laufen Rationalisierungen und überproportionale Gewinnsteigerungen überwiegend über Personalabbau, Stellenkürzung und Arbeitsverdichtung. Dieses Konzept ist allerdings nicht neu: Z. B. meldete das Statistische Bundesamt zum ersten Quartal 2006 einen Rückgang der Beschäftigung um 1,3 Prozent bei einem Umsatzwachstum von 9,4 Prozent. 2007 hatten die 30 größten Dax-Konzerne bei laufenden Gewinnen etwa 44.000 Stellen netto abgebaut. Im Rahmen der Finanzkrise nach 2007 haben diese Konzerne ca. 30.000 weitere Stellen in Deutschland gestrichen. Alles nur, um ihre Umsatzrenditen traumhaft zu steigern und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Realität hart aufschlagen zu lassen.

Die Rhön-Klinikum AG sollte den Bogen nicht überspannen: Zum einen, weil sie bereits durch ein in Teilen verfassungswidriges hessisches Landesgesetz privilegiert wurde, nach dem sie 2006 für einen G e s a m t k a u f p r e i s von 112 Millionen Euro 2.376 Planbetten (1.191 Gießen und 1.185 Marburg) quasi "geschenkt" bekam, bei gleichzeitigen Investitionen in Höhe von 367 Mio. Euro, davon 260 Mio. Euro wertsteigernde Neu- und Umbauten. Zum anderen, weil die Unikliniken Gießen und Marburg sowohl eine umfassende und maximale Krankenversorgung, aber auch Ausbildung, Lehre und Forschung sicherstellen müssen. Daran wird sich auch die hessische Landesregierung messen lassen.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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