Zielvereinbarung

So kommen Ärzte aus der Zwickmühle

Zielvereinbarungen im Arbeitsvertrag dürfen nicht die ärztliche Entscheidungsfreiheit beschränken. Ein Medizinrechtler erklärt, worauf es im Vertrag ankommt, damit dies auch tatsächlich funktioniert.

Von Sabine schiner Veröffentlicht:
Zielvereinbarungen zwischen Arbeitgeber - etwa dem Klinikträger - und Arzt gehören regelmäßig auf den Prüfstand.

Zielvereinbarungen zwischen Arbeitgeber - etwa dem Klinikträger - und Arzt gehören regelmäßig auf den Prüfstand.

© mangostock / Fotolia.com

WIESBADEN.Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die Bundesärztekammer arbeiten immer noch an ihren gemeinsamen Empfehlungen zu fallzahlorientierten Bonuszahlungen. Eigentlich hätten sie zum 30. April vorliegen sollen.

Nach Angaben des Wiesbadener Medizinrechtlers Florian Hölzel werden mit Boni variable Vergütungsbestandteile bezeichnet, die von Beteiligungsvergütungen über Tantiemen bis hin zu Zielvereinbarungen reichen.

Letztere sollten zweistufig aufgebaut sein. Zunächst wird zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses eine Rahmenvereinbarung geschlossen, die die Grundsätze zur Zielfindung und zu möglichen Konflikten festlegt.

In einem zweiten Schritt werden jährlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer neue Ziele vereinbart. "Um diese Zielvereinbarungen geht es in der Regel in der aktuellen Diskussion um mengen- oder umsatzorientierte Ziele in Chefarztverträgen", erklärt Hölzel.

Zielvereinbarungen gegen Geld sind Teil eines partizipativen Managements, das eigenverantwortliches Handeln der Mitarbeiter fördert. "Zu einem autoritären Führungsstil und tradierten Hierarchien, wie sie an vielen Kliniken herrschen, passt ein Zielmanagementsystem eigentlich nicht."

Zielvereinbarungen, die die gesamte Vergütung variabel gestalten, wälzen das Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers unzulässig ab.

Nach Paragraf 23 Abs. 2 der Musterberufsordnung (MBO) für Ärzte darf die Vergütung medizinische Entscheidungen der Ärzte nicht beeinträchtigen. Paragraf 19 Abs. 3 schreibt vor, dass Ärzten eine "angemessene Vergütung" gewährt werden muss.

Hölzel: "Überspitzt gesagt ist jeder variable Vergütungsanteil geeignet, die ärztliche Unabhängigkeit zu beeinträchtigen."

Grundgehalt soll ärztliche Freiheit ermöglichen

Er plädiert dafür, dass der fixe Gehaltsanteil bereits die von Paragraf 23 MBO-Ärzte geforderte "angemessene Vergütung" abdeckt, auch wenn der Bonus wegfällt.

Das Grundgehalt sollte so hoch sein, dass Ärzte die Freiheit haben, von den vereinbarten Zielen aufgrund medizinischer Notwendigkeiten auch einmal abzuweichen. "Dazu gibt es allerdings keine feststehende Rechtssprechung", so der Jurist.

Ärzten, die gerade in Zielvereinbarungsverhandlungen stehen, rät er unter anderem folgende Punkte zu beachten:

  • Der Abschluss einer Zielvereinbarung sollte nicht im Ermessen des Arbeitgebers stehen, sondern als "zwingender Bestandteil der Gesamtvergütung ausgestaltet sein".
  • Der Terminplan für die Zieldefinitionsgespräche sollte vertraglich festgelegt werden.
  • Die Initiativlast zur Führung von Gesprächen sollte definiert werden. "Hierbei ist eine vollständige Abwälzung auf den Arbeitnehmer wohl unzulässig", sagt Hölzel.
  • Es sollte eine Konfliktregelung für den Fall der Nichteinigung über Ziele im Vertrag enthalten sein - eventuell die Fortgeltung der Vorjahresziele.
  • In Zielvereinbarungen sollten Regelungen aufgenommen werden für den Fall, wenn es zu Konflikten bei der Zielerreichung kommt.

Arbeitnehmer sollten bei den Klauseln auch darauf achten, was geschieht, wenn die Ziele im Falle einer Erkrankung nicht erfüllt werden können. Für die ersten sechs Wochen gelte das Lohnausfallprinzip.

Danach könne der Zielbonus anteilig gekürzt werden, erklärt der Jurist. Wenn die Ziele schon vor Krankheitsbeginn erreicht wurden, dürften keine Kürzungen vorgenommen werden. Vereinbart werden sollte auch eine Regelung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses während oder nach der Zielerreichungsperiode.

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