Intensivstation

Neues Raumkonzept entlastet Patienten

Räume der etwas anderen Art sollen Intensivpatienten an der Uniklinik Münster bei der Genesung unterstützen. Auch das Personal soll von der Innovation profitieren.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Multimedia ist ein Bestandteil der „Adaptive Healing Rooms“ auf der Intensivstation der Uniklinik Münster.

Multimedia ist ein Bestandteil der „Adaptive Healing Rooms“ auf der Intensivstation der Uniklinik Münster.

© Bernd Thissen/dpa

MÜNSTER. Das Universitätsklinikum Münster (UKM) setzt künftig auf "Adaptive Healing Rooms", die lebensbedrohlich erkrankte Patienten auf der operativen Intensivstation in der Genesung besser unterstützen und das Risiko möglicher Folgekomplikationen verringern sollen.

Am Freitag wurden zwei Räume vorgestellt. Die neuen Zimmer, die im Rahmen eines Pilotprojekts installiert wurden, zeichnen sich laut UKM durch ein intelligentes Raum- und Alarmkonzept aus, das durch Geräuschreduktion und spezielle Lichtsteuerung unter anderem einen deutlich verbesserten Tag-Nacht-Rhythmus ermöglicht, der für die Zeit der Rekonvaleszenz eines schwer kranken Patienten von hoher Bedeutung sein kann.

Das UKM ist neben der Charité in Berlin eine der ersten Kliniken, die solch ein Raumkonzept auf Basis moderner wissenschaftlicher Erkenntnisse und mit den neuesten technischen Möglichkeiten umgesetzt haben.

Fehlende Orientierung sorgt für Delir

"Die Intensivtherapie stellt uns stets vor eine besondere Herausforderung: Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen müssen 24 Stunden täglich versorgt werden", verdeutlicht Professor Hugo van Aken, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie des UKM.

"Doch die medizinischen Geräte, deren Alarm- und Hinweistöne und die fortwährende Aktivität des Personals sind wiederum eine ständige Geräuschkulisse, zu jeder Tages- und Nachtzeit", ergänzt er.

In der Folge trüge die fehlende Orientierung über Tageszeit und Ort dazu bei, dass etwa 20 Prozent aller stationären Patienten ein Delir entwickelten. Bei den über 65-Jährigen seien es sogar fast die Hälfte. Besonders hoch sei das Risiko bei Patienten nach herzchirurgischen Operationen.

Zwar verschwinden die Symptome oft schnell, jedoch haben Patienten, die ein solches Delir erleiden, generell eine schlechtere Aussicht auf Heilung und häufiger Komplikationen sowie mittelfristig eine erhöhte Mortalität.

"Uns ist es deshalb ein großes Anliegen, die delir-auslösenden Faktoren für unsere Patienten weitestgehend zu minimieren", betont Professor Norbert Roeder, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKM.

Keine überflüssigen Geräusche mehr

Das Konzept im "Adaptive Healing Room" basiert laut UKM auf zwei verschiedenen Komponenten: Das intelligente Alarmsystem verhindert eine überflüssige Geräuschbelastung von Patienten, aber auch Angehörigen und Personal und trägt gleichzeitig zur Patientensicherheit bei, da unnötige Hinweistöne gefiltert werden und die Aufmerksamkeit auf relevante Alarme gelenkt wird.

Darüber hinaus sorgen Veränderungen der Raumstruktur und -gestaltung dafür, dass Ruhephasen und damit Erholung möglich werden und ein Tag-Nacht-Rhythmus möglichst beibehalten wird.

"Durch Licht einer bestimmten Wellenlänge wird zum Beispiel Sonnenlicht simuliert, sodass im Körper Botenstoffe freigesetzt werden", erklärt Professor Björn Ellger, Leiter der operativen Intensivmedizin.

Durch eine Multimediainstallation im Patientenzimmer können zudem Bilder von vertrauten Landschaften, Aktivitäten oder der Familie - gut dosiert und der aktuellen Situation des Patienten angepasst - gezeigt werden.

"Solche Projektionen geben Orientierung über Zeit, Ort und Tagesplanung. Das vermittelt dem Patienten Sicherheit", so Ellger. "Außerdem wird durch all diese Maßnahmen die von Patienten und ihren Angehörigen auf Intensivstationen oft als bedrohlich empfundene Atmosphäre verbessert."

Insgesamt wurden am UKM 85.000 Euro investiert. Bei dem Umbau seien auch ergonomische Gesichtspunkte berücksichtigt worden, um die Belastung für das Personal zu reduzieren.

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