Uniklinikum Frankfurt

Keine Herztransplantationen mehr

Die Uniklinik Frankfurt konnte die Vorgaben des GBA bei Herztransplantationen nicht mehr erreichen. Konsequenz: Keine Transplantationen mehr in Frankfurt.

Marco MrusekVon Marco Mrusek Veröffentlicht:
Professor Jürgen Graf erläutert die Entscheidung des Universitätsklinikums Frankfurt.

Professor Jürgen Graf erläutert die Entscheidung des Universitätsklinikums Frankfurt.

© Andreas Arnold / dpa

Seinem Team tue es schon etwas weh, vertraute Patienten nicht weiter betreuen zu können, die sie bisher auf eine Herztransplantation vorbereitet haben. So sieht Professor Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Frankfurt, die Entscheidung seiner Klinik, künftig keine weiteren Spenderherzen mehr zu transplantieren.

Denn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) sieht für Patienten von Herztransplantationen eine Krankenhaussterblichkeit von nicht mehr als 20 Prozent vor. Andernfalls ist ein "strukturierter Dialog" zwischen Klinik und GBA vorgesehen, um die Versorgungsqualität zu evaluieren. In der Konsequenz bedeutet das: Vier von fünf Transplantationspatienten müssen das Krankenhaus lebend wieder verlassen.

Werden weniger Transplantationen durchgeführt, ist bereits der Tod eines einzigen Patienten Anlass für eine Evaluation. Bei einem komplexen Bereich wie der Transplantation eines Herzens und in Zeiten einer sinkenden Zahl von Spenderorganen sieht sich das Universitätsklinikum Frankfurt deshalb nicht mehr in der Lage, diese Quote zu erfüllen.

Im Zeitraum von 2010 bis 2013 habe das Universitätsklinikum fünf Spenderherzen transplantiert, erklärte Graf am Freitag bei einer Pressekonferenz in Frankfurt. Alle fünf dieser Patienten hätten das Krankenhaus lebend verlassen. In den beiden vergangenen Jahren starben von vier Transplantationspatienten jedoch drei. Um die Quote des GBA einzuhalten, hätte also nicht ein einziger Patient sterben dürfen. Durch die geringen Fallzahlen ist die einzuhaltende Sterblichkeitsquote also sehr eng.

Gute Ergebnisse bei anderen Transplantationen

Graf hält diese Vorgabe zwar für realistisch und die Uniklinik unterstütze das Vorgehen des GBA "im Sinne der Qualitätsverbesserung und Patientensicherheit ausdrücklich". Beispielsweise seien die Überlebensraten der Patienten mit Leber- und Nierentransplantationen am Universitätsklinikum Frankfurt sehr gut und deutlich besser als vom GBA gefordert.

Doch gelte es zu bedenken, dass eine Herztransplantation für den Patienten risikoreicher sei als andere Transplantationen und sehr häufig mit ernsten Komorbiditäten verbunden. Auch danach bestünde noch die Gefahr eines Blutgerinnsels oder allgemeinen Organversagens, so Graf.

"Die Vorgaben wurden jedoch auch zu einem Zeitpunkt entwickelt, als die Zahl der Patienten an den einzelnen Zentren noch höher war", bemühte sich Graf, die Daten in den Kontext zu bringen. "Die Zahl der Herztransplantationen hat in den letzten zehn Jahren um sicherlich 25 bis 30 Prozent abgenommen."

Lediglich 286 Spenderherzen zur Verfügung

Den jetzt noch 21 Zentren in Deutschland, die Herztransplantationen durchführen, standen im letzten Jahr lediglich 286 Spenderherzen zur Verfügung, teilt die Deutsche Stiftung Organtransplantation mit.

So gebe es derzeit in Deutschland durchschnittlich pro eine Million Einwohner gerade einmal etwa zehn Organspender, betonte Graf. Der europäische Durchschnitt liege aber bei 19 Spendern. "Also fast doppelt so hoch. Und das bedingt dann natürlich die Verfügbarkeit der zu transplantierenden Organe."

Dazu komme, dass das Herz eines Organspenders am seltensten transplantiert werden könne, weil nicht wenige Organspender an einer akuten Herzerkrankung stürben. In der Regel würden Herzkranke deshalb ungefähr zehn Monate auf ein Spenderherz warten, so Graf.

Das knappe Gut der Spenderherzen teilen sich in Deutschland wie erwähnt 21 Transplantationszentren, von denen lediglich drei - Bad Oeynhausen, Leipzig und Hannover - im Jahr 2014 überhaupt auf eine Zahl von über 20 Herztransplantationen kamen. Für die restlichen 18 plus bisher Frankfurt verschärften die stark rückläufigen Organspendezahlen und damit Transplantationszahlen also die einzuhaltende Überlebensquote.

Startschuss für ein Herz-Kreislauf-Centrum

Was ist nun die Konsequenz für das Universitätsklinikum Frankfurt aus dem "strukturierten Dialog"? In einem externen Peer Review-Verfahren wird ein Fachexperte aus dem Bereich Herzchirurgie die Prozesse im Klinikum evaluieren und auf etwaige Verbesserungsmöglichkeiten hinweisen.

Alle Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Frankfurt werden künftig im neuen Universitären Centrum für Herz-Kreislauf-Medizin interdisziplinär behandelt. Der Schwerpunkt dort solle auf innovativen und deutlich weniger invasiven Behandlungsmethoden liegen. Mit dem einzigen verbleibenden hessischen Transplantationsstandort für Herzen von Erwachsenen - Bad Nauheim - werde ein kooperatives Behandlungskonzept erarbeitet.

Allen 30 Patienten, die in Frankfurt noch auf ein Spenderherz warten, entstünden keine Nachteile. Die Vergabe der Spenderorgane werde zentral durch Eurotransplant nach definierten Kriterien geregelt, so die Uniklinik.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Dr. med. Gerhard M. Sontheimer (ANregiomed, Region Ansbach) und Holger Baumann (Kliniken der Stadt Köln, v.l.) haben in der Praxis gute Erfahrungen mit Systempartnerschaften gemacht.

© Philips

Mehr Spielraum für moderne Prozesse in der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Philips GmbH Market DACH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neuer Verschlüsselungsalgorithmus in der TI

gematik verlängert Frist für Austausch der E-Arztausweise

Lesetipps
Mit einer eher seltenen Diagnose wurde ein Mann in die Notaufnahme eingeliefert. Die Ursache der Hypoglykämie kam erst durch einen Ultraschall ans Licht.

© Sameer / stock.adobe.com

Kasuistik

Hypoglykämie mit ungewöhnlicher Ursache

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel

© undrey / stock.adobe.com

Kolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel