Kommentar – IQTiG-Report

Qualität in Kliniken? Die Mängelliste ist lang

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Es ist schon eine eigenwillige Interpretation, die die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) der Öffentlichkeit weismachen will, was die angeblich hervorragenden Ergebnisse des Qualitätsreports des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) angeht.

So viel ist richtig: Die Mehrzahl der vom IQTiG herangezogenen Qualitätsparameter deuten in die richtige Richtung, das Qualitätsniveau steigt langsam.

Tatsache ist aber auch, dass das IQTiG bislang nur einen kleinen Ausschnitt des Leistungsgeschehens in Krankenhäusern aufgrund der erhobenen Daten und der bislang entwickelten Qualitätsparameter misst. Und selbst hier zeigt der Report schwerwiegende und anhaltende Mängel auf, die trotz des strukturierten Dialogs nicht abgestellt worden sind.

Das betrifft vor allem die auffällig häufigen Fälle von schweren Dekubitalgeschwüren – ein Hinweis darauf, dass die Pflege in Kliniken ein Qualitätsproblem hat. Das wiederum ist angesichts der Personalengpässe nicht verwunderlich.

Diese Engpässe sind das Ergebnis einer jahrelangen Misswirtschaft durch Personalabbau, fehlende Ausbildungsinvestitionen, unzulängliche Digitalisierung der Dokumentation und gravierende Mängel in der Personalführung.

Das hat erst jüngst der Fehlzeitenreport der AOK gezeigt, in dem der Zusammenhang zwischen fehlender oder gestörter intrinsischer Motivation und Krankenstand untersucht worden ist. Die Angehörigen der Pflegeberufe sowohl in Krankenhäusern wie in Pflegeheimen weisen die höchsten Krankenstände der Gesundheitsberufe auf. Auch das beeinflusst Qualität.

Ein weiteres Indiz für beträchtliche Qualitätsmängel ist der in Deutschland praktizierte Umgang mit Sepsis – im internationalen Vergleich liegen wir im unteren Drittel. Fehlendes Screening mit gezielter Diagnostik führt zur Schrotschusstherapie mit Breitband-Antibiotika und zu einer um etwa 50 Prozent höheren Krankenhaus-Letalität, als bei Beachtung aktueller medizinischer Erkenntnisse zu erwarten ist.

Dass in den Abrechnungen nicht selten die Ursachen für den enorm erhöhten Behandlungsaufwand verdeckt werden können, zählt zu den Merkwürdigkeiten eines Gesundheitssystems, das sich für eines der besten der Welt hält.

Selbst in hochsensiblen Leistungsbereichen wie der Perinatalmedizin perpetuieren die Probleme: Die jüngste Erhebung des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Pflegepersonalbesetzung in Perinatalzentren offenbart, dass die überwiegende Mehrzahl der Kliniken nicht imstande ist, die Personalanforderungen, die der GBA für nötig hält, zu erfüllen. Der Arbeitsmarkt sei leergefegt, heißt es fatalistisch.

Lesen Sie dazu auch: IQTiG-Report: Kliniken geizen nicht mit Eigenlob

Mehr zum Thema

Heimbeatmung

Helios Klinik Leisnig erweitert ihr intensivmedizinisches Angebot

Geschäftsjahr 2023

Asklepios steigert Umsatz und Gewinn

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen